Protestaktionen „Es ist 5 nach 12 – Ramschpreise ruinieren Bauern“

aktionstagDie Erlössituation auf den Veredelungs- und Milchviehbetrieben ist Anlass für einen bundesweiten Aktionstag des Deutschen Bauernverbandes, an dem sich auch der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. beteiligt.
Ziel der Bauernproteste waren am 23. März 2016 Zentrallager von Discountern des Lebensmitteleinzelhandels in Magdeburg, Könnern und Coswig, die mit ihrer Niedrigpreisstrategie unvermindert Druck auf die Erzeugerpreise ausüben. Anliegen des Berufsstandes ist es, für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln und für den Wert landwirtschaftlicher Arbeit zu werben, der sich in höheren Erzeugererlösen niederschlagen muss. Pünktlich um 5 nach 12 übergab der Bauernverband Protestnoten an Vertreter der Discounter.
Mit ihrer täglichen Arbeit übernehmen Landwirte Verantwortung gegenüber Mensch, Tier und Natur. Sie erzeugen qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel, Rohstoffe und Energie für die gesamte Gesellschaft. Deren Anforderungen an Tierwohl, Tiergesundheit und Qualitäts- und Umweltstandards können nur mit ausreichendem Einkommen umgesetzt werden. Deshalb müssen Landwirte einen höheren Anteil vom Verkaufspreis der Lebensmittel erhalten und dürfen nicht mehr nur Restgeldempfänger sein.
Die Einkommenssituation, insbesondere für die Erzeuger von Fleisch und Milch, ist seit über einem Jahr äußerst angespannt. So fielen die Erzeugerpreise seit 2013 bei Milch von 37,5 ct/kg auf heute 25 ct/kg und bei Schlachtschweinen von 1,71€/kg auf 1,24€/kg. Im gleichen Zeitraum fiel der Preis für Brotweizen von 244€/t auf 137€/t. Sollte sich dieser Trend verstetigen, werden weitere Betriebe aufgeben. Im zurückliegenden Jahr verringerte sich in Sachsen-Anhalt die Zahl der Sauen um fast 12%. Von September 2015 bis zum heutigen Tag stellten 25 Milcherzeuger ihre Produktion ein. Bei vielen weiteren Landwirten stehen diese Entscheidungen unmittelbar bevor, was katastrophale Folgen für die Beschäftigung, die Kulturlandschaft und die Wertschöpfung im ländlichen Raum hat.
Während die Preise für Lebensmittel kaum sinken, sondern tendenziell weiter steigen, bleibt beim Landwirt ein immer kleinerer Teil der Wertschöpfung. Im Schnitt fielen die Erzeugerpreise im Jahr 2014 um 7,4% und im Jahr 2015 nochmals um 6%. Die Margen von Lebensmitteleinzelhandel und Verarbeitern vergrößerten sich – zu Lasten der Landwirte. So betrug die Differenz zwischen Erzeugerpreis und Verbraucherpreis bei Milch im Jahr 2012 nur 20ct, im Oktober 2015 schon 32ct je Liter. Bei Schweinefleisch stieg sie im gleichen Zeitraum von 4,10€ auf 4,70€/kg.
Die bestimmende Ursache sieht der Bauernverband in der Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels. Insbesondere die Discounter missbrauchen ihre Strukturvorteile in den Verhandlungen mit den Vermarktern. Die wettbewerbs- und kartellrechtlichen Instrumente zur Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen in der Lebensmittellieferkette erweisen sich in der Praxis als unwirksam. Hier bedarf es einer klaren Verantwortungsübernahme der Lebensmittelhändler und Vermarkter, um die existenzbedrohende Situation in der Landwirtschaft aufzulösen.