34. Bauernverbandstag in Sachsen-Anhalt

Zweimal hintereinander musste der Bauernverbandstag des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. online stattfinden. Dieses Jahr konnten sich fast 250 Delegierte, Vertreter von Verbänden und Organisationen, Politiker und Journalisten persönlich zum 34. Bauerntag treffen. Dieser fand am 23.11.2022 im Salzland Center Staßfurt statt.

Olaf Feuerborn trat erneut für das Ehrenamt des Bauernpräsidenten an. Er will in der kommenden Legislatur weiter mit der Politik auf Landes- und Bundesebene um Lösungen ringen, die den landwirtschaftlichen Berufsstand und den ländlichen Raum insgesamt stärken. Der alte und neue Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. wurde mit 99 Prozent der Stimmen wiedergewählt und betonte in seiner Rede: „Wir haben in den vergangenen Jahren trotz großer Herausforderungen viel erreicht. Wir müssen weiter für unseren ländlichen Raum und die Zukunft unserer Betriebe kämpfen. Durch die Rückendeckung meiner Frau und meiner Familie kann und möchte ich dieses wichtige Ehrenamt die kommenden vier Jahre weiter ausüben.“

Auch der Wahlvorstand wurde neu gewählt, erstmals haben sich drei Landwirtinnen für ein Amt auf Landesebene beworben. Alle Kandidatinnen und Kandidaten, die sich zur Wahl stellten, konnten ein Mandat erreichen. Damit besteht der künftige Landesvorstand um den Präsidenten aus dem 1.Vizepräsidenten Sven Borchert, den Vizepräsidentinnen Kathrin Beberhold und Susann Thielecke sowie den Wahlvorstandsmitgliedern Christian Schmidt und Heidrun Spengler-Knappe. Des Weiteren sind die Vorstandsvorsitzenden der elf Kreisbauernverbände satzungsgemäß Mitglieder des Landesvorstandes. Die fünfköpfige Revisionskommission um die neue Vorsitzende Angela Bradatsch wurde ebenso gewählt.

Im öffentlichen Teil des Bauernverbandstages fanden Auszeichnung statt, unter anderem für den „Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022“. Dafür waren aus den Kreisbauernverbänden mehrere Betriebe vorgeschlagen worden. Mit dem ersten Platz ausgezeichnet wurde in diesem Jahr die Harslebener Agrargenossenschaft e.G., die seit 30 Jahren jungen Menschen eine fundierte Ausbildung bietet und sich in das Prüfungsgeschehen sehr aktiv einbringt. Der Betrieb erhielt eine Ehrenurkunde und eine Plakette für das Hoftor des Betriebsgeländes, die den „Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022“ auszeichnet.

Für ihr langjähriges Engagement erhielten zwei Mitglieder die Ehrenmitgliedschaft. Zum einen Joachim Klette, der sich als Landwirt und passionierter Schweinezüchter seit mehr als 30 Jahren ehrenamtlich für den Berufsstand einsetzt, die meiste Zeit in vorsitzenden Funktionen auf Kreisebene. Zum anderen Dr. Wolfgang Nehring, welcher seit 1994 auf Kreis- und Landesebene für den Berufsstand aktiv war und darüber hinaus u.a. als Bürgermeister, Stadtrat und Vorsitzender des landwirtschaftlichen Arbeitgeberverbandes seine Kraft und Zeit in den Dienst der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes stellte.

Insgesamt drei Ehrennadeln wurden am 34. Bauernverbandstag verliehen, an die Vorstandsmitglieder Raimund Punke (Bauernverband Altmarkkreis Salzwedel) und Jörg Weidemann (Bauernverband Nordharz) sowie Dr. Ralf Gladigau, den langjährigen Geschäftsführer des Ländliche Erwachsenenbildung in Sachsen-Anhalt e. V.

Auf die Ehrungen folgte eine agrarpolitische Diskussion, in diesem Jahr unter der Überschrift „Ernährungs- und Energiesicherheit in volatilen Zeiten“, moderiert von Stefan Bernschein. An der Diskussion teilgenommen haben Sven Schulze, Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt, Reinhold Sangen-Emden, Referatsleiter Biodiversität, Großschutzgebiete und Naturschutzfördermaßnahmen im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. und Staatssekretär a.D. sowie Bauernpräsident Olaf Feuerborn. Themen der fast anderthalb Stunden langen Diskussion waren unter anderem die Zukunft von Tierhaltung und Photovoltaik, die Konflikte zwischen Wolf und Weidetierhaltung und die aktuell geplante „Erlösabschöpfung“ von Biogasanlagen.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 11/2022

Werte Mitglieder,
werte Landwirtinnen und Landwirte,

ein Schwerpunkt dieser Ausgabe wird die anstehende Vorstandswahl des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt sein und damit auch ein Blick auf die Mitte Oktober bekannten Kandidatinnen und Kandidaten für den Vorstand und die Revisionskommission. Für den Verband sind Wahlen für das Ehrenamt auf Landesebene immer eine wichtige Wegmarke. Eine neue personelle Zusammensetzung entscheidet mit über die künftige inhaltliche Ausrichtung des Verbandes. Vor allem Neugewählte müssen sich in die vorhandene thematische und organisatorische DNA und Struktur des Verbandes erst einmal einarbeiten, ihre Rolle im Vorstand finden, um dann in ihren Fachgebieten, unterstützt durch das Hauptamt, politische Akzente setzen zu können.

Die politischen Aufgaben sind für unseren Berufs­stand und für alle wirtschaftsnahen Berufs­gruppen herausfordernd und anspruchsvoll. Nicht nur das mag Landwirtinnen und Landwirte von einem weitergehenden ehrenamtlichen Engagement abhalten, zusätzlich zu den vielfältigen Aufgaben und Pflichten im eigenen Unternehmen. Verbände und Interessenvertretungen benötigen jedoch genau die Expertise von praktischen Unternehmern aller Alterskategorien, die die Auswirkungen von Politik tagtäglich auf den Betrieben wahrnehmen. Mit dieser Sachkenntnis kann ein Verband durch abgestimmte Mehrheitspositionen Einfluss nehmen und auf Veränderungen hinwirken, da er permanent an der Nahtstelle zwischen Praxis, Politik und Verwaltung agiert und in relevanten Gremien vertreten ist.

In der Entwicklung des Ehrenamtes sind in der Gesamtgesellschaft seit vielen Jahren über den eigenen Verband hinaus Veränderungen wahrzunehmen. Vielfach gibt es eine Verschiebung zu einem kurzfristigeren, projektorientierteren Engagement. Auch dies kann von Nutzen für Verbände sein und muss als Chance gesehen werden. Die langfristigen Linien aber, sich quasi über die verschiedenen Ebenen langjährig warmzulaufen und persönlich und inhaltlich zu qualifizieren, mit dem Ziel eine ehrenamtliche Spitzenposition perspektivisch anzustreben und innezuhaben, werden weniger. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen im eigenen Unternehmen kommen Akzeptanzthemen in der Familie dazu, bei Mitgesellschaftern, bei Vorständen und Aufsichtsräten für ehrenamtliches Engagement. Manchmal scheitert ein gewolltes Engagement auch daran, dass das engere Umfeld nicht mitziehen möchte. Andere wollen mit ihrem Betrieb nicht in der Öffentlichkeit stehen, weil sie sich dann angreifbarer fühlen. Zudem kommen schon mal neidvolle Diskussionen von Berufskollegen über mediale Präsenz auf.

Kritik an agrarpolitischen Positionen wird nicht nur gelegentlich geübt, man muss auch Druck aushalten können und den Überblick und den eigenen verbandlichen Standpunkt kennen und behalten. In der Vielfalt unserer landwirtschaftlichen Szene, mit ihrem maximal vielfältigen Organisationsangebot für jede Meinung und Ausrichtung, ist das keine Nebensächlichkeit. Darüber hinweg investiert man eigene Ressourcen in den Aufbau eines breiten, vielfältigen und hoffentlich tragfähigen Netzwerkes über den eigenen Betrieb hinaus. Diese Faktoren muss man kennen und aushalten mögen, man muss wissen, auf was man sich mittelfristig einlässt.

Ein anderer Punkt ist die erforderliche Qualifikation für ein herausgehobenes Ehrenamt. An dieser Stelle müssen wir als Verbände alle noch nachjustieren, Angebote weiterentwickeln und gegebenenfalls obligatorisch machen. Niemand im Ehrenamt ist qua Amt qualifiziert und Weiterbildungsangebote sind hier umso nötiger, gerade weil es einem auch Sicherheit gibt. In einer Zeit, in der jedes Wort digital erfasst wird, stärken solche Schulungen das Auftreten in der Öffentlichkeit und im eigenen Verband. Wer qualifiziert und sattelfest ist, der kann komplexe Situationen bestehen, egal ob gegenüber Politik, Verwaltung oder Medien.

Nun mag das Vorgenannte nicht automatisch motivierend wirken – es hilft aber nicht, die Tragweite eines Ehrenamtes kleinzureden, nur damit Positionen besetzt sind. Ein ehrlicher Umgang miteinander ist wichtig, genauso wie ein Austausch über die nötigen Zeitvalenzen und inhaltlichen Präferenzen, und ebenso das Auseinandersetzen über die Anforderungen eines Ehrenamtes. Wir haben gemeinsam einiges im Sinne der Branche zu lösen und dafür braucht es eine gute personelle Grundlage an jeder Position. Die Tür für ehrenamtliches Engagement in zu wählende Positionen steht offen. Wer sich einbringen möchte kann das tun und sollte umfänglich unterstützt werden. Für unseren Verband und Berufsstand insgesamt kann das nur gut sein.

Ihr Marcus Rothbart

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