Jahresauftakt-Pressekonferenz 2021

Im dritten Jahr in Folge hat der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. Journalistinnen und Journalisten aus Sachsen-Anhalt und von landwirtschaftlichen Fachmedien zu einer Jahresauftakt-Pressekonferenz eingeladen. Aufgrund der Gesamtsituation wurde das Format digital durchgeführt. Insgesamt 15 Themenblöcke standen auf der Tagesordnung, u.a. das Dauerthema Corona, Perspektiven im Ackerbau, die Situation auf den Märkten, neue Wege mit Erneuerbaren Energien, aktuelle Agrarpolitik sowie die komplizierte und angespannte Lage der Tierhalterinnen und Tierhalter Sachsen-Anhalts. Die Aufgabenfelder der Landwirtinnen und Landwirte und ihres Bauernverbandes sind zu Beginn des Jahres 2021 nicht kleiner geworden.

Auf der Jahresauftakt-Pressekonferenz ging es weniger um das vergangene Jahr, Thema war die Zukunft. Etwa werden die Landtagswahl sowie die Bundestagswahl 2021 für die Mitgliedschaft ein zentrales Thema sein. Die Delegierten des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt hatten Ende 2020 auf dem Bauernverbandstag ein 60-Punkte-Programm für den künftigen Koalitionsvertrag verabschiedet, die Verbandspräsident Olaf Feuerborn auszugsweise angesprochen hat, darunter das Thema Berufsbildung:

„Die Berufs- und Hochschulbildung muss gestärkt werden, dazu brauchen wir ein klares Bekenntnis.“

Ebenso fordert der Bauernverband Sachsen-Anhalt e. V., dass Gesetze zukünftig nur noch mit einer umfassenden wirtschaftlichen Folgenabschätzung für alle Wirtschaftspartner verabschiedet werden. Die bei neuen gesetzlichen Vorhaben besonders betroffenen Landwirtinnen und Landwirte sowie die Bevölkerung des ländlichen Raumes insgesamt haben Anspruch auf eine transparente Darstellung von Kosten, die sie betreffen. Eine solche Ausweisung des Erfüllungsaufwandes ist eine Bringschuld einer Regierung ihren Wählerinnen und Wählern gegenüber.

In besonderem Maß stehen Tierhalterinnen und Tierhalter vor Herausforderungen. Die Lage in der Rindermast und in der Milchviehhaltung ist weiter angespannt, die Zahl der Betriebe ist rückläufig. Unter anderem ist beim Thema Tierwohl der Konflikt mit dem Emissionsschutz anzugehen. Neue Haltungssysteme und eine weitere Verbesserung der Tierhaltung können implementiert werden, wenn auch langfristige Rechtssicherheit im Baurecht für Um- oder Neubauten besteht. Das ist aktuell nicht der Fall. Im Nachgang der Pressekonferenz unterstrich Olaf Feuerborn gegenüber dem MDR:

„Da muss der Gesetzgeber in die Puschen kommen.“

Auch die sauenhaltenden Betriebe und die Schweinemäster in Sachsen-Anhalt sind weiter unter wirtschaftlichem Druck. Neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie kann 2021 die Afrikanische Schweinepest maßgeblich die Rahmenbedingungen der Betriebe bestimmen. Obwohl ASP-Funde bei Wildschweinen bisher nur in Teilen Brandenburgs und Sachsens auftreten, sind die Auswirkungen enorm, insbesondere durch das Wegbrechen von Absatzwegen. Exporte verbleiben zwar größtenteils in der EU, die Exporte nach Asien sind jedoch ökonomisch und auch ökologisch notwendig. Exportiert werden insbesondere die „weniger edlen Teile“, bei denen in Deutschland eine sehr geringe Nachfrage besteht.

Neben Verbandspräsident Olaf Feuerborn nahmen Sven Borchert (1. Vizepräsident, Bördekreis), Lutz Trautmann (Vizepräsident, Kreis Nordharz), Maik Bilke (Vizepräsident, Kreis Wittenberg) und Hauptgeschäftsführer Marcus Rothbart teil. Der Vorstand war zufrieden mit der Resonanz der Pressekonferenz, auch verschiedene Parteibüros hatten sich zum Austausch in die Videokonferenz geschaltet.

Die in der Jahresauftakt-Pressekonferenz angesprochene Düngeverordnung finden Sie zum Nachlesen unter: https://www.gesetze-im-internet.de/d_v_2017/D%C3%BCV.pdf

Deutsche Umsetzung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik

Finanzielles Ausbluten der ostdeutschen Landwirtschaft muss verhindert werden

Anlässlich der heute stattfindenden Amtschefkonferenz der Agrarminister der Bundesländer haben die Präsidenten der ostdeutschen Landesbauernverbände in einem gemeinsamen Positionspapier vor den Folgen einer verfehlten innerdeutschen Verteilung der insgesamt 6,4 Milliarden Euro/Jahr aus der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik für die Landwirtschaftsbetriebe in den Neuen Bundesländern gewarnt. „Sollten die ostdeutschen Betriebsstrukturen nicht angemessen Berücksichtigung finden, wäre das Erreichen wichtiger EU-Ziele, wie Einkommenssicherung, stabile Agrarstruktur und das Erreichen der Umweltziele, für eine gesamte Region eines Mitgliedsstaates massiv gefährdet“, so die Warnung der Bauernpräsidenten.

Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen eine Kappung und Degression der Zahlungen an die Betriebe, da hiervon nahezu ausschließlich ostdeutsche Betriebe betroffen wären. So befänden sich 2019 bei einer Kappungsgrenze von 150.000 Euro 1.781 von 1.876 betroffenen Betrieben in Ostdeutschland (95 Prozent). Auch die neu zu bestimmende Umverteilung von Mitteln auf die ersten Hektare der Betriebe würde zu einem massiven Abfluss von EU-Mitteln aus einzelnen Regionen führen. Hier könnten bei einer Umverteilung von 12 Prozent der Mittel statt der aktuell 82,2 Millionen Euro bis zu 130 Millionen Euro aus Ostdeutschland abfließen. Durch diese Maßnahmen werden die ostdeutschen Landwirtschaftsbetriebe wirtschaftlich geschwächt, Wertschöpfung und Arbeitsplätze im ländlichen Raum gefährdet.

Darüber hinaus kritisieren die Bauernpräsidenten, dass mit steigenden Umweltanforderungen auch die einkommens- und betriebsstabilisierenden Wirkungen der Direktzahlungen geschmälert werden. Bereits heute entstehen den Betrieben durch die hohen Anforderungen Wettbewerbsnachteile in Höhe von 246 EUR/ha. Ohne ein verlässliches Einkommen über die Basisprämie sind auch die geforderten Investitionen in Klima-, Arten-, Tier- und Umweltschutz nicht möglich. Die Bauernpräsidenten plädieren deshalb nachdrücklich für einen Erhalt der Basisprämie mindestens auf dem aktuellen Niveau.

Besonderen Wert legen die Bauernverbände auch auf eine EU- und deutschlandweit einheitliche Ausgestaltung der Umweltauflagen für die neue hinzukommenden Eco-Schemes. Die in den Eco-Schemes zu erbringenden Umweltleistungen müssen einfach und praktikabel sein, wenn sie Erfolg haben sollen. Vor allen müssen die Gemeinwohlleistungen verlässlich vergütet werden und nicht zu Lasten der Einkommenswirksamkeit gehen. Dies wird mit einem Betriebsprämienmodell und einer prozentualen Begrenzung der Mittel je Betrieb erreicht.

PDF_Schreiben der ostdeutschen Landesbauernverbände

 

Hintergrundinformationen

Der künftige EU-Agrarhaushalt für Deutschland hat ein Volumen von 6,144 Mrd. EUR/Jahr. Davon entfallen auf die erste Säule 4,916 Mrd. EUR und auf die zweite Säule 1,228 Mrd. EUR/Jahr. Die erste Säule steht für die Basisprämie, Finanzierung der Eco Schemes und den Junglandwirtezuschlag zur Verfügung. Die Finanzierung der Sonderzuschläge für die ersten Hektare wird durch Umschichtungen innerhalb der ersten Säule finanziert. Aktuell liegt der Zuschlag bei 50 bzw. 30 EUR/ha.

 

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 01/2021

Sehr geehrte Verbandsmitglieder,
werte Kolleginnen und Kollegen,
der Start in das Jahr 2021 ist vollbracht und der Jahreswechsel gab hoffentlich die Gelegenheit, bei allen weiter vorherrschenden, widrigen Gesamtumständen, das Jahr 2020 soweit wie möglich abzuhaken. Setzen wir darauf, dass wir wieder in die Spur finden und vor allem die Pandemie gemeinschaftlich derartig in den Griff bekommen, dass die Gesamtwirtschaft mit allen Beteiligten darunter nicht dauerhaft weiter leidet. Das ist anspruchsvoll genug, es wird uns aber nichts anderes übrig bleiben. Was von dem Jahr generell bleibt: Viel weniger persönliche Kontakte, mehr Vorsicht und Zurückhaltung, auf der anderen Seite aber auch eine digital weiter zusammengerückte Welt mit anderen und neuen Chancen der Kommunikation.
Und was kommt 2021? Wir stehen in Sachsen-Anhalt vor einer Landtagswahl im Juni und fünf Jahre Kenia-Koalition neigen sich dem Ende zu, nachdem man diese eben noch mit erheblichen Winkelzügen gerettet hat. Schlag auf Schlag geht es im September weiter mit der Bundestagswahl. Mit beiden Wahlen verbunden ist, dass es am Ende Koalitionsverträge geben muss. In denen wird sich der landwirtschaftliche Sektor in irgendeiner Art und Weise wiederfinden.
Als Bauernverband haben wir diese Wahlen im Fokus und haben unsere Forderungen für die Umsetzung auf Landesebene soweit klar, der digitale Bauernverbandstag am 10.12.2020 hat diese beschlossen. Zusätzlich sind wir in der Vorbereitung von Veranstaltungen auf Kreis- und Landesebene, um im Frühjahr mit den antretenden Parteien in die inhaltliche Diskussion zu kommen und unsere Positionen klarzumachen. Dieser Diskurs ist notwendiger denn je, das letzte Jahr hat vieles an Möglichkeiten des Austauschs ausgebremst. Der unterschiedliche Umgang mit der Pandemie am Ende des Jahres, größere verbandliche Veranstaltungen mit Anwesenheit sind untersagt, parteipolitische und ebenso kirchliche nicht, hat zu einem Ausbremsen der Debattenmöglichkeiten geführt. Das kann auf Dauer für demokratische Willensbildungsprozesse nicht gut sein und hat für Verstimmung gesorgt.
In Vorbereitung der beiden wichtigen Wahlen ist heute schon sicher: Die Landwirtschaft wird ein Hauptkampffeld sein – hier kann man Stimmung machen! Wir werden als Sektor weiter sehr viel auszuhalten haben, da man diesen sehr gut für Wählerstimmen in urbanen Räumen nutzen kann. Wir werden aber auch deshalb als landwirtschaftliche Branche viel auszuhalten haben, da wir bisher noch nicht geschlossen genug auf die vielfältigen verbalen Angriffe aus bestimmten Lagern reagieren. Es ist sehr gut zu beobachten, dass doch so einige Protagonisten glauben, sich persönlich und wirtschaftlich retten zu können, indem man bestimmten, „umweltorientierten“ Richtungen nach dem Munde spricht. Nur wird das niemanden retten. Die garantiert aufkommende Debatte um gute und schlechte Landwirtschaft, um groß oder klein, wird nicht der gewinnen, der glaubt, dass Politik für ihn spricht. Am Ende muss man seinen eigenen inneren Kompass haben und sehen, dass man seinen Betrieb wirtschaftlich durch die Zeit bekommt. Leben und leben lassen als Motto unter Landwirten ist dazu eine gute Losung.
Und eminent wichtig: Testen sie jede, aber auch jede politische Aussage auf mögliche Intentionen und damit Nebenwirkungen. Nur weil Zwei das Gleiche sagen, meinen sie noch lange nicht dasselbe. Im Kern geht es auch um gutes landwirtschaftliches Marketing: Rausstellen was und wo der Vorteil bei der eigenen Produktionsweise liegt und sich nicht darüber verkaufen wollen, indem man andere Produkte schlecht oder Politikern nach dem Mund redet.
Um sich zu informieren, wo die Parteien hinwollen, lohnt sich immer ein Blick in die verschiedenen Parteiprogramme. So haben B90/DIE GRÜNEN jüngst auf 84 Seiten ein neues Grundsatzprogramm mit dem Titel „‚… zu achten und zu schützen …‘ Veränderung schafft Halt“ verabschiedet. Dieses soll für die nächsten 15 – 20 Jahre gelten. Exemplarisch bekommen Sie den Einblick in die Passagen zu „Eigentum und Gemeinwohl“:
(127) Ohne Recht auf Eigentum sind eine freiheitliche Gesellschaft und eine sozial- ökologische Marktwirtschaft unvorstellbar. Gleichzeitig verpflichtet es gesellschaftlich, weil eine zu starke Konzentration von Eigentum in den Händen Weniger Demokratie und Marktwirtschaft bedroht. Es braucht eine gleichere Verteilung von Vermögen und Chancen.
(128) Grund und Boden unterliegen einer besonderen Sozialpflichtigkeit, weil sie unvermehrbar und unverzichtbar sind. Deshalb müssen Renditen in diesem Bereich begrenzt sein sowie Grund und Boden verstärkt in öffentliches oder gemeinwohlorientiertes Eigentum überführt werden. Zum Wohl der Allgemeinheit bietet das Grundgesetz als letzte Möglichkeit die Vergesellschaftung sowie die Enteignung, wo Märkte aus dem Ruder geraten. Bodenwertsteigerungen werden gedämpft und bei Planungsrechtsänderungen wird die öffentliche Hand beteiligt. Die Flächeninanspruchnahme ist zu begrenzen. Unser Ziel ist, den Flächenverbrauch auf Netto Null zu senken und der Staat muss für vielfältig(e) Besitzstrukturen sorgen und eine gerechte Verteilung fördern.
(129) Es braucht neue Formen von gemeinwohlorientiertem oder gemeinschaftlichem Eigentum und eine stärkere Gemeinwohlbindung. Genossenschaften und soziale Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag hin zu einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft. Ziel ist, dass Private ihre Dienstleistungen und Produkte barrierefrei anbieten.“
Wenn wir annehmen, Parteien halten sich an ihre Grundsatzprogramme, so geht es im kommenden Wahlkampf und bei Koalitionsverträgen auch um die Verteidigung und den Schutz des Eigentums in der sozialen Marktwirtschaft. Diese gilt immer noch und ist das funktionierende Fundament unseres Sozialstaates. Vergesellschaftung und Enteignung, Verbote und Bestrafung, Neid und Missgunst, werden unsere Zukunft nicht lösen – auch wenn Teile der Gesellschaft davon träumen.
Ihr
Marcus Rothbart

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