Afrikanische Schweinepest kommt nicht zum Stillstand – Landesregierung muss aktiver werden

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) stellt, besonders in Verbindung mit der Corona-Lage, für schweinehaltende Betriebe eine in großen Teilen wirtschaftlich existenzielle Bedrohung dar. Der dramatische Preisverfall der Schlachtpreise und der Ferkel-Notierungen bedeutet für viele Betriebe, dass Sie nicht mehr kostendeckend arbeiten können und ihre Liquidität massiv schwindet. Vonseiten der Landesregierung braucht es in dieser Situation ein deutliches, unterstützendes Bekenntnis zu einer wirtschaftlich tragfähigen Zukunft der Schweineproduktion, die bereits von vielen anderen Baustellen gekennzeichnet ist.

In Vorbereitung auf ein mögliches Auftreten der Afrikanischen Schweinepest haben Tierhalterinnen und Tierhalter in den vergangenen Jahren viel Zeit und Geld investiert, um die ASP unter allen Umständen aus Hausschweinebeständen heraus zu halten. Jedoch führen bereits die ersten ASP-Funde bei Wildschweinen in Deutschland zu großen Liquiditäts-Problemen. Ob sich die ASP bis nach Sachsen-Anhalt ausbreitet und wie sich die Lage für die Sauenhalter und Mäster dann weiter verändert, ist derzeit noch unklar. Umso wichtiger ist es nun, vonseiten der Landespolitik ein klares Statement abzugeben, die Tierhalterinnen und Tierhalter in Sachsen-Anhalt bei den anstehenden Herausforderungen besser zu unterstützen und vor allem den Sektor auch als Teil der regionalen Wertschöpfung anzuerkennen.

Dorit Nyenhuis, Sauenhalterin und Vorsitzende des Fachausschusses Schwein im Bauernverband Sachsen-Anhalt, fordert: „Die Schweinehalter in Sachsen-Anhalt brauchen jetzt ein deutliches Signal der Politik, dass Landwirtschaft, Tierproduktion und Verarbeitung im Land gewünscht sind. Andernfalls wird es der nachfolgenden Generation nicht vermittelbar sein, dass sie weiterhin regional erzeugen. Die Produktion wird dann in anderen Ländern stattfinden. Der Kampf gegen die ASP unter Corona-Bedingungen darf nicht auf dem Rücken der Tierhalter ausgetragen werden.“

Im Falle von sich weiter zuspitzenden Abnahmeschwierigkeiten oder möglichen regionalen Restriktionen zum Tiertransport müssen Politik und Verwaltungen Rahmenbedingungen schaffen, die eine regionale Erzeugung weiter ermöglichen. Die laufende Tierproduktion ist ein Kreislauf, der nicht kurzfristig angehalten werden kann. Zuletzt wurden in Deutschland Corona-bedingt rund 50.000 Schweine weniger pro Woche geschlachtet. Das hatte bereits eine hohe Belastung der Betriebe zur Folge, da die Tiere in den Mastbetrieben weiter versorgt werden müssen und bei Sauenhaltern weiter Ferkel geboren werden. Wenn Strukturbrüche in der Schweineproduktion nicht aktiv verhindert werden, wird sich die regionale Urproduktion tierischer Lebensmittel weiter in das Ausland verlagern. Das hilft niemandem.

 

Hintergrund: Vor einem Monat wurde bei einem Wildschwein in Deutschland erstmals die Afrikanischen Schweinepest bestätigt. Seitdem kommt es wiederholt zu Kadaverfunden von Wildschweinen, inzwischen wurde das Virus bei 69 toten Wildschweinen festgestellt. Die Fundorte erstrecken sich über drei Landkreise in Brandenburg (Spree-Neiße, Oder-Spree und Märkisch Oderland) in denen mittlerweile zwei Kerngebiete eingerichtet wurden. Auch für Ackerbau-, Milchvieh- und Rindermastbetriebe käme es bei einem Ausbruch der ASP zu Einschränkungen. Für Nutzflächen werden im Falle von ASP-Funden Bewirtschaftungs- und Ernteverbote verhängt. Seitens der vom Landkreis beauftragten Behörden muss eine zügige Freigabe der Flächen gewährleistet werden, sobald es die epidemiologische Lage zulässt, d.h. wenn auf den Feldern im Risikogebiet kein Wildschweinkadaver gefunden wird.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 10/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Werte Berufskolleginnen und Kollegen,
vielleicht zu Beginn ein paar aufmunternde Worte, um die nachfolgenden Themen besser verarbeiten zu können. Irgendwie sind wir im täglichen Leben ja alle mehr oder weniger von diesem Coronavirus betroffen. An dieser Stelle lobe ich mir doch das Leben als „Landei“ in einem relativ dünn besiedelten Bundesland, ohne U-Bahn-Gedränge, Parkplatzsuche, Wohnraumknappheit, mit viel Platz zum Leben.
Aber zum Thema Mäuse: Wenn wir Landwirte mal so viele Mäuse auf dem Konto hätten wie auf dem Acker. Hier zeigt sich wieder das volle Ausmaß unserer Bürokratie. Viel zu spät kam aus Sicht der Betroffenen die Nachricht, eine Mäusebekämpfung mit Rodentiziden werde vor November erlaubt. Von der Verkündung an vergingen nochmal drei Tage, bis das dazu nötige Antragsformular vorhanden war. Nach der Anmeldung der Bekämpfung müssen die Landwirte nochmal fünf Tage warten, ob kein Widerspruch gegen die Maßnahme eingelegt wird. Das alles hätte früher geschehen müssen, denn das Thema hat sich, wie auch die Feldmausbestände, über Monate aufgebaut. Erst zu handeln, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, darf einfach nicht die Lösung sein. Es ist bezeichnend für den Druck durch die Feldmausproblematik in der Landwirtschaft, wenn man beobachtet hat, dass das Thema unter den Landwirten in den betroffenen Regionen für mehr Aufregung als die Trockenheit gesorgt hat. Den Landwirt und sein Arbeiten immer weiter zu regulieren und ihm Auflagen aufzuerlegen, wie hier bei der Nager-Bekämpfung, wird die heimische Landwirtschaft nur schädigen.
Damit meine ich eine Landwirtschaft, die in der Lage ist, die heimische Bevölkerung zu ernähren. Davon sind wir immer weiter entfernt. Diese ganzen steuersubventionierten und nicht vom Markt getragenen Ökoexperimente sind meiner Ansicht nach naiv und gefährlich für das Klima sowie den sozialen Frieden in der Welt. Wer als Landwirt seine ökonomische Nische im Ökologischen gefunden hat, hat meinen größten Respekt. Ich selbst habe als Kind und Jugendlicher mein Öko-Soll in der Landwirtschaft erfüllt. Wenn unsere Gesellschaft aber eine Landwirtschaft fernab von Lebensmittelsicherheit und Stabilität möchte, wenn sich dem Öko-Gedanken alles andere unterordnen soll, muss das auch an der Kasse 1 zu 1 bezahlt werden.
Und dieses Geld muss beim Landwirt ankommen!
Luisa Neubauer, Deutschlandsprecherin von Fridays for Future, postet ihre weltweiten, privaten Urlaubstrips, sie verbläst dabei Unmengen an CO² und lässt sich dann als Umweltschützerin feiern. Glaubwürdigkeit sieht anders aus. Umweltschutz bedeutet in erster Linie Konsumverzicht, etwa bei Textilien, Handys, Urlaubsreisen und auch Einschränkung in der Ernährung aus tierischen Produkten. Doch 80 % der Weltbevölkerung wollen erst einmal das Niveau unseres jetzigen Lebensstandards erreichen. Wer bringt diesen Menschen bei, dass Konsumverzicht praktiziert werden muss? Dabei schätze ich es so ein, dass für alle Menschen in der Welt genügend Essen und auch genügend Geld vorhanden ist. Es ist eine Frage der Verteilung – und der Bildung. Nur gebildete Menschen sind in der Lage, ihre Regionen aufzubauen und die jeweilige Entwicklung zu steuern. Es ist der vollkommen falsche Weg, wenn im Rahmen der aktuellen Flüchtlingspolitik Fachkräften in Deutschland dauerhaftes Bleiberecht gewährt wird und die sogenannten Leistungsträger in ihrer Heimat zum Aufbau fehlen. Fachkräfte sollten hier ausgebildet werden und anschließend in ihren Heimatländern für Wohlstand und eine bessere Zukunft sorgen. Alles andere spaltet die Gesellschaft in Europa. Es sind unsere Waffenexporte, die für Flüchtlingsströme sorgen. Dabei ist das, was wir als Gesellschaft exportieren müssen, Bildung!
Mit Blick in die Zukunft muss auch der Bauernverband sich weiterentwickeln. Für mich spiegelt sich das in der Faktenlage wider: In keinem Wirtschaftszweig gibt es eine so hohe durchschnittliche Jahres-Arbeitsstunden-Belastung mit so geringem Verdienst. Für manche Betriebe sind jährliche Einkommensverluste schon fast normal geworden. Die Erzeugerpreise stagnieren seit Jahrzehnten, die gesellschaftliche Anerkennung unserer Arbeit sinkt und Auflagen und Verbote nehmen zu. Selbst in den Anfängen der Corona-Krise fehlte die Anerkennung der landwirtschaftlichen Urproduktion als systemrelevant! Der öffentliche Dienst setzt alle Jahre wieder Lohnerhöhungen durch, das ist eigentlich ein Ziel, was wir versuchen müssten zu erreichen.
Um die ganz dicken Bretter bohren zu können, müssen wir als gesamte Branche aber deutlich kampagnenstärker werden. Im letzten Jahr hatten viele Landwirte gezeigt, dass sie unabhängig von Zugehörigkeiten motiviert und auch mobilisiert werden können. Das müssen wir in Zukunft mehr nutzen. Wir müssen in der öffentlichen Wahrnehmung mehr Druck aufbauen, um unsere Interessen durchzusetzen. Die Gegner einer modernen und damit zeitgemäßen Landwirtschaft tun das bereits. Nur ein Beispiel: Im Rahmen der unsäglichen Düngeverordnung, die leider mit sehr knapper Mehrheit von 35 zu 34 Stimmen durchgesetzt wurde, konnte zumindest in Sachsen-Anhalt an nicht einer Messstelle mit erhöhten Nitratwerten bewiesen werden, dass die aktuelle landwirtschaftliche Düngepraxis Verursacher der erhöhten Messwerte ist. Solche Punkte müssen wir immer wieder bringen, bis es auch alle verstanden haben.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Trautmann

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