Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 01/2021

Sehr geehrte Verbandsmitglieder,
werte Kolleginnen und Kollegen,
der Start in das Jahr 2021 ist vollbracht und der Jahreswechsel gab hoffentlich die Gelegenheit, bei allen weiter vorherrschenden, widrigen Gesamtumständen, das Jahr 2020 soweit wie möglich abzuhaken. Setzen wir darauf, dass wir wieder in die Spur finden und vor allem die Pandemie gemeinschaftlich derartig in den Griff bekommen, dass die Gesamtwirtschaft mit allen Beteiligten darunter nicht dauerhaft weiter leidet. Das ist anspruchsvoll genug, es wird uns aber nichts anderes übrig bleiben. Was von dem Jahr generell bleibt: Viel weniger persönliche Kontakte, mehr Vorsicht und Zurückhaltung, auf der anderen Seite aber auch eine digital weiter zusammengerückte Welt mit anderen und neuen Chancen der Kommunikation.
Und was kommt 2021? Wir stehen in Sachsen-Anhalt vor einer Landtagswahl im Juni und fünf Jahre Kenia-Koalition neigen sich dem Ende zu, nachdem man diese eben noch mit erheblichen Winkelzügen gerettet hat. Schlag auf Schlag geht es im September weiter mit der Bundestagswahl. Mit beiden Wahlen verbunden ist, dass es am Ende Koalitionsverträge geben muss. In denen wird sich der landwirtschaftliche Sektor in irgendeiner Art und Weise wiederfinden.
Als Bauernverband haben wir diese Wahlen im Fokus und haben unsere Forderungen für die Umsetzung auf Landesebene soweit klar, der digitale Bauernverbandstag am 10.12.2020 hat diese beschlossen. Zusätzlich sind wir in der Vorbereitung von Veranstaltungen auf Kreis- und Landesebene, um im Frühjahr mit den antretenden Parteien in die inhaltliche Diskussion zu kommen und unsere Positionen klarzumachen. Dieser Diskurs ist notwendiger denn je, das letzte Jahr hat vieles an Möglichkeiten des Austauschs ausgebremst. Der unterschiedliche Umgang mit der Pandemie am Ende des Jahres, größere verbandliche Veranstaltungen mit Anwesenheit sind untersagt, parteipolitische und ebenso kirchliche nicht, hat zu einem Ausbremsen der Debattenmöglichkeiten geführt. Das kann auf Dauer für demokratische Willensbildungsprozesse nicht gut sein und hat für Verstimmung gesorgt.
In Vorbereitung der beiden wichtigen Wahlen ist heute schon sicher: Die Landwirtschaft wird ein Hauptkampffeld sein – hier kann man Stimmung machen! Wir werden als Sektor weiter sehr viel auszuhalten haben, da man diesen sehr gut für Wählerstimmen in urbanen Räumen nutzen kann. Wir werden aber auch deshalb als landwirtschaftliche Branche viel auszuhalten haben, da wir bisher noch nicht geschlossen genug auf die vielfältigen verbalen Angriffe aus bestimmten Lagern reagieren. Es ist sehr gut zu beobachten, dass doch so einige Protagonisten glauben, sich persönlich und wirtschaftlich retten zu können, indem man bestimmten, „umweltorientierten“ Richtungen nach dem Munde spricht. Nur wird das niemanden retten. Die garantiert aufkommende Debatte um gute und schlechte Landwirtschaft, um groß oder klein, wird nicht der gewinnen, der glaubt, dass Politik für ihn spricht. Am Ende muss man seinen eigenen inneren Kompass haben und sehen, dass man seinen Betrieb wirtschaftlich durch die Zeit bekommt. Leben und leben lassen als Motto unter Landwirten ist dazu eine gute Losung.
Und eminent wichtig: Testen sie jede, aber auch jede politische Aussage auf mögliche Intentionen und damit Nebenwirkungen. Nur weil Zwei das Gleiche sagen, meinen sie noch lange nicht dasselbe. Im Kern geht es auch um gutes landwirtschaftliches Marketing: Rausstellen was und wo der Vorteil bei der eigenen Produktionsweise liegt und sich nicht darüber verkaufen wollen, indem man andere Produkte schlecht oder Politikern nach dem Mund redet.
Um sich zu informieren, wo die Parteien hinwollen, lohnt sich immer ein Blick in die verschiedenen Parteiprogramme. So haben B90/DIE GRÜNEN jüngst auf 84 Seiten ein neues Grundsatzprogramm mit dem Titel „‚… zu achten und zu schützen …‘ Veränderung schafft Halt“ verabschiedet. Dieses soll für die nächsten 15 – 20 Jahre gelten. Exemplarisch bekommen Sie den Einblick in die Passagen zu „Eigentum und Gemeinwohl“:
(127) Ohne Recht auf Eigentum sind eine freiheitliche Gesellschaft und eine sozial- ökologische Marktwirtschaft unvorstellbar. Gleichzeitig verpflichtet es gesellschaftlich, weil eine zu starke Konzentration von Eigentum in den Händen Weniger Demokratie und Marktwirtschaft bedroht. Es braucht eine gleichere Verteilung von Vermögen und Chancen.
(128) Grund und Boden unterliegen einer besonderen Sozialpflichtigkeit, weil sie unvermehrbar und unverzichtbar sind. Deshalb müssen Renditen in diesem Bereich begrenzt sein sowie Grund und Boden verstärkt in öffentliches oder gemeinwohlorientiertes Eigentum überführt werden. Zum Wohl der Allgemeinheit bietet das Grundgesetz als letzte Möglichkeit die Vergesellschaftung sowie die Enteignung, wo Märkte aus dem Ruder geraten. Bodenwertsteigerungen werden gedämpft und bei Planungsrechtsänderungen wird die öffentliche Hand beteiligt. Die Flächeninanspruchnahme ist zu begrenzen. Unser Ziel ist, den Flächenverbrauch auf Netto Null zu senken und der Staat muss für vielfältig(e) Besitzstrukturen sorgen und eine gerechte Verteilung fördern.
(129) Es braucht neue Formen von gemeinwohlorientiertem oder gemeinschaftlichem Eigentum und eine stärkere Gemeinwohlbindung. Genossenschaften und soziale Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag hin zu einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft. Ziel ist, dass Private ihre Dienstleistungen und Produkte barrierefrei anbieten.“
Wenn wir annehmen, Parteien halten sich an ihre Grundsatzprogramme, so geht es im kommenden Wahlkampf und bei Koalitionsverträgen auch um die Verteidigung und den Schutz des Eigentums in der sozialen Marktwirtschaft. Diese gilt immer noch und ist das funktionierende Fundament unseres Sozialstaates. Vergesellschaftung und Enteignung, Verbote und Bestrafung, Neid und Missgunst, werden unsere Zukunft nicht lösen – auch wenn Teile der Gesellschaft davon träumen.
Ihr
Marcus Rothbart

Blick ins Heft: