Oktober-Kommentar im Informationsheft
Werte Verbandsmitglieder,
liebe Bäuerinnen und Bauern,
seit ihrem Amtsantritt hat die Bundesregierung spürbar an Stellschrauben gedreht, die für unsere Betriebe relevant sind. Die Gesprächsbereitschaft mit der Praxis ist gewachsen, einzelne Regulierungen wurden angepasst oder sogar abgeschafft, und der Anspruch, Planungssicherheit und Verlässlichkeit stärker in den Mittelpunkt des staatlichen Handelns zu rücken, ist deutlicher erkennbar als in den Jahren zuvor. Diese Entwicklung wird auf vielen Höfen registriert und trotz fortbestehender Skepsis überwiegend positiv bewertet, weil sie Hoffnung auf mehr Berechenbarkeit im Alltag gibt.
Gleichzeitig bleibt die Ausgangslage anspruchsvoll, weil hohe Kosten auf volatile Märkte treffen und ein dichtes Netz aus Auflagen die notwendige Dynamik bei Investitionen dämpft. Entscheidend ist, dass aus Ankündigungen belastbare Rahmenbedingungen werden, die im Stall, auf dem Acker und in den ländlichen Räumen tatsächlich funktionieren. Wer Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit gleichermaßen einfordert, muss Übergangsfristen realistisch bemessen und Finanzierungspfade so planen, dass Betriebe nicht zwischen Anspruch und Wirklichkeit zerrieben werden.
Für Sachsen-Anhalts Landwirtschaft ist besonders wichtig, dass der begonnene Bürokratieabbau von punktuellen Erleichterungen zu einem durchgängigen Verfahren wird. Anträge müssen einfacher werden, digitale Prozesse müssen stabil laufen, und Fristen sollten so gesetzt sein, dass Saison, Witterung und Arbeitsabläufe miteinander vereinbar sind. Nur so entstehen Freiräume für Innovation, für Weiterbildung und für die Bindung von Fachkräften, die wir in den kommenden Jahren dringend brauchen.
Ebenso erwarten wir verlässliche Investitionsbedingungen in der Tierhaltung, bei erneuerbaren Energien auf den Höfen und in der wassersensiblen Bewirtschaftung. Klimaanpassung gelingt nicht durch zusätzliche Hürden, sondern durch technologieoffene Förderung, verlässliche Genehmigungszeiten und Rechtssicherheit über die gesamte Nutzungsdauer einer Investition. Wer höhere Standards politisch will, muss deren Finanzierung strukturell hinterlegen, und zwar in Förderinstrumenten, in der öffentlichen Beschaffung und entlang der gesamten Kette vom Feld bis zur Ladentheke. Dass die angekündigten Milliarden für das Bundesprogramm Tierhaltung nicht im Haushalt eingestellt sind, ist hier das falsche Signal!
Zur Wettbewerbsfähigkeit gehört eine Herkunftskennzeichnung, die glaubwürdig und unbürokratisch umgesetzt wird. Kontrollen sollten mit Praxiswissen erfolgen und Importstandards müssen so ausgestaltet sein, dass heimische Produzenten nicht durch niedrigere Anforderungen anderswo benachteiligt werden. Wertschöpfung in der Region ist kein Selbstzweck, sondern Voraussetzung für Versorgungssicherheit, für Leistungen in Biodiversität und Klima sowie für lebendige Dörfer.
Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass die Bundesregierung zuhören kann. Jetzt kommt es auf verlässliche Umsetzung an, die Reibungsverluste zwischen Ressorts reduziert, Verfahren beschleunigt und die Praxis frühzeitig einbindet. Landwirtschaft ist Teil der Lösung bei Ernährungssicherung, Klima- und Wassermanagement und beim Aufbau resilienter ländlicher Infrastrukturen. Wenn Betriebe die passenden Instrumente erhalten, können sie messbare Erfolge liefern, natürlich in der Urproduktion unser aller Lebensmittel, aber auch in der Erzeugung von Energie, der Pflege der Kulturlandschaft, dem gezielten Fördern von Artenvielfalt und anderen, gesellschaftlich erwünschten Serviceleistungen.
Der Bauernverband Sachsen-Anhalt wird diesen Weg konstruktiv begleiten und zugleich klar benennen, wo Nachsteuerung nötig ist. Unser Maßstab bleibt die Zukunftsfähigkeit der vielfältigen landwirtschaftlichen Betriebe
Olaf Feuerborn
Präsident des
Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.
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