Stand der Ernte

Im Rahmen der 2. Ernte-Umfrage, die vom 22. bis 27. Juli stattfand, haben fast 60 landwirtschaftliche Betriebe aus Sachsen-Anhalt ihre Erntezahlen und -erwartungen für verschiedene Kulturen gemeldet.

In den vergangenen zwei Wochen standen die Maschinen vielerorts oft still. Kühles und feuchtes Wetter brachten die Ernte nur stockend voran. Der Regen wurde zwar lang ersehnt, jedoch bremst er in diesem Zeitraum die Weizen- und Rapsernte massiv aus. Insbesondere im Getreide sinken dadurch die Qualitäten, was zu einer problematischen Vermarktung führt, bei einer bereits schwierigen Marktlage.

Die Wintergerstenernte in Sachsen-Anhalt konnte vor den Niederschlägen beendet werden, abgesehen von wenigen Restbeständen. Die Erträge sind durch den vielerorts geringen Niederschlag sehr unterschiedlich ausgefallen. Im Vergleich zum letzten Jahr konnte jedoch mehr vom Feld geholt werden. Im Schnitt konnten so in Sachsen-Anhalt 76 dt/ha Gerste geerntet werden. Die regionalen Durchschnitte variieren aufgrund der Bodenverhältnisse und Niederschlagsverteilung von rund 60 dt/ha bis rund 90 dt/ha.

Die Erträge im Winterroggen sind im langjährigen Mittel als durchschnittlich zu bewerten. Wir befinden uns hier über den Erträgen aus 2023 und knapp unter den Erträgen aus 2024, mit einem derzeitigen Ertrag von rund 42 dt/ha. Der Raps war zum Zeitpunkt der Befragung zur Hälfte abgeerntet. Die Erträge sind voraussichtlich etwas höher als im Vorjahr, zu den Qualitäten liegen noch keine ausreichenden Informationen vor.

Die Weizenernte kommt nur langsam voran. Nach Erhebung des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt waren im Zeitraum der Umfrage lediglich 15 % des gesamten Weizens hierzulande geerntet worden. Es zeichnen sich etwas geringere Erträge als im Vorjahr ab.

Die finale Ernteumfrage wird Mitte August stattfinden.

August-Kommentar im Informationsheft

Liebe Berufskolleginnen und -kollegen,
liebe Leserinnen und Leser,

die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt ist leistungsfähig, anpassungsbereit und voller Fachwissen. Unsere Betriebe beweisen Tag für Tag, wie viel Innovationskraft und Verantwortungsbewusstsein im Ackerbau steckt. Ob Bodenbearbeitung, Sortenwahl oder Pflanzenschutz – wir entwickeln unsere Arbeitsweisen stetig weiter und reagieren auf neue Herausforderungen. Die Betriebe investieren in moderne Technik, überdenken und verbessern ihre Fruchtfolgen, nutzen digitale Systeme und erproben neue Verfahren. Das ist echte Zukunftsarbeit.
Wer auch morgen noch erfolgreich und nachhaltig wirtschaften soll, darf nicht nur mit den Möglichkeiten von gestern arbeiten. Wir Landwirtinnen und Landwirte brauchen moderne Sorten, angepasste Anbausysteme und größere Handlungsspielräume, vor allem bei der Düngung und im Pflanzenschutz. Denn die Anforderungen an den Pflanzenbau wachsen weiter. Die Folgen des Klimawandels sind auf dem Acker längst spürbar. Extreme Wetterlagen, längere Trockenperioden, aber auch neue Schaderreger und Krankheiten fordern uns jedes Jahr aufs Neue. Hinzu kommen gesellschaftliche Erwartungen, politische Zielvorgaben und der große wirtschaftliche Druck, der auf unseren Betrieben lastet. Der Ackerbau der Zukunft wird komplexer – und wir brauchen die passenden Werkzeuge, um ihn erfolgreich gestalten zu können.
Die Sortenwahl spielt dabei eine zentrale Rolle. Moderne, resiliente Sorten sind ein Schlüsselfaktor, um klimatische Risiken abzumildern. Wir brauchen Sorten, die mit weniger Dünger und Pflanzenschutzmitteln auskommen und trotzdem die Erträge absichern. Deshalb ist es entscheidend, dass die Pflanzenzüchtung vorankommt. Innovationen wie CRISPR/Cas bieten große Chancen für einen nachhaltigen Pflanzenbau, in Deutschland und weltweit. Diese Potenziale dürfen wir nicht aus politischen oder ideologischen Gründen ungenutzt lassen, eine gesellschaftliche Diskussion ist richtig, muss aber ehrlich geführt werden. Dazu zählt, dass die Züchtung neuer und besserer Sorten für die Versorgungssicherheit sehr wichtig ist und auch weiterhin sein wird.
Gleichzeitig brauchen wir zeitgemäße Anbauverfahren, die sich flexibel an unterschiedliche Standortbedingungen und Witterungsverläufe anpassen lassen. Technische Hilfsmittel wie Sensorik und Drohnen, teilflächenspezifische Bewirtschaftung oder konservierende Bodenbearbeitung sind längst in allen Bereichen angekommen. Aber ihre Einführung scheitert zu oft an finanziellen Hürden oder mangelnder Unterstützung. Wer von uns eine nachhaltige Bewirtschaftung verlangt, muss uns auch die Mittel an die Hand geben, sie umzusetzen. Dazu zählt nicht nur die Investitionsmöglichkeit durch den Betrieb, ebenso braucht es eine breite Netzabdeckung und bürokratiearme Anwendung.
Ein besonders kritischer Punkt bleibt der Pflanzenschutz. Die Zahl verfügbarer Wirkstoffe für den Ackerbau sinkt, ohne dass gleichwertige Alternativen zur Verfügung stehen. Wir als Berufsstand haben ein großes Interesse daran, den Mitteleinsatz zu reduzieren und gezielter vorzugehen. Doch das erfordert mehr als Appelle: Es braucht verlässliche Zulassungsverfahren, mehr Forschung an biologischen Verfahren, moderne Technik zur präzisen Ausbringung und vor allem die politische Bereitschaft, praktikable Lösungen zuzulassen. Ein wirksamer Pflanzenschutz ist keine Komfortfrage, sondern eine Grundvoraussetzung für stabile Ernten und wirtschaftliche Sicherheit.
Unsere Betriebe leisten bereits heute einen Balanceakt zwischen Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlichen Erwartungen. Viele tun das mit großer Sorgfalt, Offenheit und Innovationsfreude. Aber diese Haltung darf nicht ins Leere laufen. Zukunft entsteht dort, wo Gestaltungsspielräume vorhanden sind. Und genau dafür setzen wir uns als Bauernverband ein. Denn klar ist: Gute Ernten und gesunde Böden, stabile Betriebe und wettbewerbsfähige Strukturen – all das geht nur mit einer Landwirtschaft, die gestalten kann. Nicht mit Rückschritten, sondern mit Fortschritt.
Ihr
Sven Borchert
1. Vizepräsident
Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.

 

Blick ins Heft:

GAP ab 2028: „Ein Schlag ins Gesicht“

Gemeinsame Pressemitteilung der ostdeutschen Bauernverbände zu den vorgestellten EU-Plänen zum Mehrjährigen Finanzrahmen.

„Ein Schlag ins Gesicht“ - Bauernverbände der ostdeutschen Bundesländer kritisieren EU-Pläne zum Mehrjährigen Finanzrahmen scharf

EU-Vorschläge befeuern Betriebsaufgaben, zerstören Arbeitsplätze, gefährden die Ernährungssicherheit und zerstören Vertrauen in die Politik.

„Das ist nicht nur eine klare Absage an eine zukünftige Gemeinsame Europäische Agrarpolitik, es ist eine Kampfansage an ein geeintes Europa – ein fatales Signal“, sagt Karsten Trunk, Präsident des Bauernverbandes MV in Bezug auf die Vorschläge der EU-Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen und der GAP. Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute bekannt gab, soll es ab 2028 kein eigenständiges Agrarbudget wie in der bisherigen Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) mehr geben. Stattdessen sollen die Mittel in einem großen europäischen Fonds aufgehen, der neben der Landwirtschaft auch andere Felder wie Verteidigungsausgaben oder Emissionshandel abdeckt.

Neben vielen neuen Ideen soll künftig nur noch der Landwirtschaftsbetrieb Fördermittel erhalten, der „bedürftig ist.“ Sven Borchert, Vizepräsident des Bauernverbands Sachsen-Anhalt, hält das für grundlegend falsch: „Die GAP ist keine Sozialpolitik, sondern ein Ausgleich für Wettbewerbsnachteile. Dass die Kommission willkürlich Kriterien festsetzt, wer bedürftig ist und wer nicht, gleicht einem Schildbürgerstreich: einerseits die Betriebe an die finanzielle Belastungsgrenze treiben und dann gönnerhaft festlegen, wer in der Gunst der Kommission steht und wer nicht. So zerstört die Kommission unsere Branche.“ 

Von einem „Schlag ins Gesicht“ spricht Thomas Thiele vom Sächsischen Landesbauernverband mit Blick auf die Begrenzung und Kürzung von Fördermitteln ab bestimmt Höhen: „Es ist völlig unverständlich, dass die Europäische Kommission, die Professionalisierung des Berufsstandes so hart angreift. Nirgendwo mussten nach der deutschen Einheit Betriebe so kraftvoll und mühsam aufgebaut wie bei uns in Ostdeutschland. Nun macht uns die Kommission einen Strich durch die Rechnung und streicht Fördermittel, die nach richtiger Berechnung bei den Betrieben ankommen müsste.“ 

„Die ländlichen Räume sind unser Rückgrat. Mit der Kürzung, Umgestaltung und Streichung schwächt die Kommission bewusst und mit Kalkül diese Bereiche. Es ist eine weitere Abwertung der ländlichen Bevölkerung gegenüber der Stadtbevölkerung. Die Kommission bringt klar zu Ausdruck: Wir wollen euch nicht die Rahmenbedingungen schaffen, die nötig sind, um den ländlichen Raum konstant weiterzuentwickeln. Die Landwirtschaft ist Teil der ländlichen Räume und nicht zuletzt auf deren Attraktivität für Arbeitskräfte angewiesen. Daher muss die Kommission ihre Vorschläge zurück zum aktuellen System verändern, da dieses berechenbar und planbar ist,“ findet der Präsident des Thüringer Bauernverbands, Dr. Klaus Wagner.

„Die Ernährungssicherung für unsere Menschen soll mit den Vorschlägen künftig nur noch eine Randnotiz sein. Mit der Abkehr von einer solide gestalteten Betriebsförderung befürchte ich den Verlust der flächendeckenden Landwirtschaft und zahlreicher Arbeitsplätze in den Dörfern. Deutschland ist im Vergleich mit anderen Regionen in der Welt noch ein Gunststandort für die Lebensmittelproduktion. Es ist unerklärlich, warum die Kommission dem Hunger jetzt Vorschub leisten will und es ihr nicht um die Unterstützung heimischer Landwirtschaftsbetriebe geht. Wir wollen eine GAP, die uns auf unserem Weg unterstützt und nicht den Boden unter Füßen wegzieht,“ warnt LBV Brandenburg Präsident Henrik Wendorff.

Wir alle wollen sichere, gesunde und nachhaltige Lebensmittel von hoher Qualität. Wir wollen und wir brauchen gerade in diesen unsicheren Zeiten eine sichere und strategisch aufgestellte Lebensmittelversorgung in der EU. Damit die Landwirtinnen und Landwirte das leisten können, brauchen sie ausreichende Mittel aus einem separaten EU-Agrarfonds, Direktzahlungen aus der ersten Säule ohne Kappung und Degression und eine starke Honorierung von Agrarumwelt- und Klimaleistungen und Förderung des ländlichen Raums. „Wir brauchen eine gemeinsame europäische Agrarpolitik, die ihrem Namen gerecht wird!“, so die Landesbauernverbände.

 

Präsident Olaf Feuerborn
Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.

Präsident Torsten Krawczyk
Sächsischer Landesbauernverband e.V.

Präsident Karsten Trunk
Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Präsident Henrik Wendorff
Landesbauernverband Brandenburg e.V.

Präsident Dr. Klaus Wagner
Thüringer Bauernverband e.V.

 

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Sonder-Agrarministerkonferenz zur GAP

Unter Vorsitz von Peter Hauk MdL (Baden-Württemberg) haben sich die Agrarministerinnen und -minister des Bundes und der Länder in Berlin zur Sonder-Agrarministerkonferenz getroffen. Anlass waren der Amtsantritt von Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer sowie die von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2028. Die GAP soll angesichts globaler Krisen, Klimawandel und Strukturveränderungen weiterentwickelt werden – mit dem Ziel, sie effizienter, nachhaltiger und praxisnäher zu gestalten.

Die Agrarminister haben sich auf eine Resolution zur GAP ab 2028 geeinigt. Diese fordert unter anderem ein eigenständiges und gut ausgestattetes GAP-Budget im kommenden EU-Finanzrahmen, eine einkommenswirksame Honorierung agrarischer Umweltleistungen sowie eine deutliche Vereinfachung der Regelungen für Betriebe und Verwaltung. Dies stimmt mit zentralen Forderungen des Deutschen Bauernverbandes überein, wie sie u.a. auf dem Deutschen Bauerntag im Juni formuliert worden sind.

Die vollständige Resolution finden Sie unter: https://mlr.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mlr/intern/dateien/PDFs/Landwirtschaft/2025_07_sonder-amk-TOP2_Resolutionspapier.pdf

„Gerste ist die Erste“

Medieninformation 05/2025

Magdeburg, 02.07.2025

„Gerste ist die Erste“

Mit Beginn des Julis ist die Ernte in Sachsen-Anhalt in vollem Gange. Wintergerste ist die erste Kultur, die gedroschen wird. Darauf folgen unter anderem Winterraps und Winterroggen, Triticale und Sommergerste sowie Winterweizen. Deutlich später, meist ab September, folgt der Körnermais. 

 

Start in die Mähdrusch-Ernte

Die Ernte ist aufgrund der warmen und trockenen Witterung gut angelaufen. Im Vorfeld gingen die Landwirte von einem unterdurchschnittlichen Ertrag aus. Die vergleichsweise kühlen Nachttemperaturen im Frühjahr und zumindest ausreichende Niederschläge zur rechten Zeit haben sich positiv ausgewirkt, wodurch die Wintergerste vielerorts doch etwas bessere Ergebnisse bringt, als befürchtet. Statt der vorher vermuteten unterdurchschnittlichen Erträge, konnten in den meisten Partien zufriedenstellende bis gute Erträge realisiert werden, mit regional sehr großen Unterschieden. 

Das Ertragsniveau variiert in Sachsen-Anhalt stark, aufgrund der Standortbedingungen und der Niederschlagsverteilung. Während auf den sandigeren Standorten Erträge über 5 t/ha bis 6 t/ha positiv bewertet werden, liegt das Ziel bei den besseren Böden bei über 8 t/ha. Ob diese Werte mit der aktuellen Ernte erreicht werden können, wird nach Abschluss feststehen. Wichtig sind zufriedenstellende Mengen, da die Preise für Wintergerste nachgegeben haben.

 

Aussichten mit Sorge

Winterraps und Winterweizen, zwei sehr wichtige Ackerkulturen, stehen aktuell unter großem Druck: Die Hitze und die Trockenheit führen dazu, dass die Abreife beschleunigt einsetzt, was sich auf Menge und Qualität negativ auswirkt. Das Wetter führt auch bei Kartoffeln und Zuckerrüben zu sichtlichem Trockenstress. In vielen Kulturen werden Temperaturen und Niederschläge im Juli entscheidend sein.

 

„Ohne Trecker nix beim Bäcker“

Durch die Ernte sind auf vielen Straßen in Sachsen-Anhalt wieder vermehrt landwirtschaftliche Fahrzeuge unterwegs. Die Erntezeit bedeutet für die Betriebe intensive Arbeit und häufige Transportfahrten. Wir bitten alle Verkehrsteilnehmer um Verständnis für die langsamer fahrenden Gespanne – sie sind mit den Lebensmitteln von übermorgen unterwegs. 

Nachruf auf Dr. Wolfgang Böhmer

Wolfgang Böhmer war eine bedeutsame Persönlichkeit der deutschen Politik. Als Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt prägte er über viele Jahre die Entwicklung unseres Bundeslandes – mit Sachverstand, Weitsicht und einem feinen Gespür für die Anliegen der Menschen, insbesondere im ländlichen Raum.

Als Landwirtssohn brachte er ein tiefes Verständnis für landwirtschaftliche Themen mit. Er trat für eine starke, marktorientierte Landwirtschaft ein, für faire Wettbewerbsbedingungen und für regionale Wertschöpfung. Früh erkannte er in der Nutzung nachwachsender Rohstoffe aus der Landwirtschaft eine wirtschaftliche Chance und einen Beitrag zur gesellschaftlichen Verantwortung.

Mit seiner ruhigen, sachlichen und verbindlichen Art war Wolfgang Böhmer vielen ein Vorbild. Er war ein Mann des offenen Gesprächs und des klaren Wortes – und wurde weit über Parteigrenzen hinaus geschätzt.

Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und allen, die ihm nahestanden.

Olaf Feuerborn
Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e. V.

Juli-Kommentar im Informationsheft

Werte Mitglieder,
werte Leserinnen und Leser,

der Sommer ist nun in vollem Gange und für die Landwirtschaft steht in Kürze auf dem Feld die Marktfruchternte an. Es wird sich, nach einem überwiegend sehr trocknen Frühjahr, erst noch zeigen, was all die kostenintensive Vorarbeit zum Hinstellen einer Ernte am Ende wirklich wert sein wird. Abgerechnet wird immer am Ende. Gleichzeitig merken wir alle, dass die Kostensituation sich nicht wieder auf ehemals deutlich niedrigeren Ständen einpegeln wird und auf der Einnahmenseite nicht viel Phantasie nach oben besteht. Wer zu besseren Marktphasen Teile der Ernte kontraktiert hat, der hat sich damit eventuell etwas finanzielle Luft verschafft und im Nachhinein richtig gehandelt. Jedes Handeln bei Kontrakten ist stets ein Handeln in Unsicherheit, nur nichts abschließen und warten auf eventuell noch bessere Preise lässt auch betriebliche Chancen liegen. Niemand hat alle Informationen der Welt, deshalb wird es kaum den idealen Zeitpunkt für den Verkauf der Ernte geben.

Unabhängig der volatilen Preissituationen an den landwirtschaftlichen Börsen muss festgestellt werden, dass es zunehmend die sichtbaren Ertragsverluste im Laufe der Vegetationsdauer auf dem Feld sind, die den Betrieben in der Planung erheblich zu schaffen machen. Und die durchaus auch vorsichtig werden lassen, wie viel Anteil einer Ernte denn vorher kontraktiert werden sollte und überhaupt kann. Basierend auch auf einer Pflanzenschutzmittelverfügbarkeit, die in der notwendigen Breite und Vielfältigkeit nicht mehr adäquat ausreicht, um Schäden an Kulturen zu reduzieren und damit physischen und monetären Ertrag zu sichern, steigt die Planungsunsicherheit. Die Landwirtschaft könnte mit den steigenden Wetter- und Klimaherausforderungen auch wirtschaftlich deutlich besser umgehen, wenn ein umfänglicher Instrumentenkasten vorhanden wäre und nicht nur immer weiter eingeschränkt würde.

Es sind zudem, um nur das aktuelle Paradebeispiel Schilfglasflügelzikade zu benennen, diese Ertragsverluste nicht lediglich das singuläre Problem der praktischen Landwirtschaft, sondern sie sind, wenn wir keine tragfähigen Lösungen bekommen, diese ebenso ein Problem der Gesamtgesellschaft. Massive Schäden an Kartoffeln, an Zuckerrüben und an Sonderkulturen sind nicht nur ein wirtschaftliches Problem des einzelnen Anbauers, sondern gleichwohl der nachfolgenden Verarbeitungslinie, der die Ware fehlt. Schlussendlich sinkt das regional erzeugte Angebot für den Konsumenten vor Ort. Am Ende zahlen wir also alle drauf, wenn wir uns immer weiter beschränken und unserer Handlungsmöglichkeiten für sichere Ernten hier vor Ort berauben. Globale Verantwortung beginnt mit dem Lösen von Aufgaben vor der eigenen Haustür. Eine politische Kernaufgabe der unmittelbaren Zukunft muss es daher sein, die Sicherung der regionalen Erzeugung in all ihren Facetten ernst zu nehmen.

Selbstkritisch als Branche müssen wir schon festhalten, dass wir bei Verlusten durch fehlenden Pflanzenschutz in Feld und Flur bisher sicher zu emotionslos und zahlenfixiert nach außen kommunizieren. In einer Welt, in der Flächenverbrauch in variablen Fußballfeldern gemessen wird und der Hektar als feste Bezugsgröße verschwindet, da können sich Unbeteiligte Ernteverluste von 30 oder 50 oder 70% nicht mehr vorstellen in ihrer Wucht und Dramatik. Es sind die dazugehörenden Bilder von durch Schädlinge in Mitleidenschaft gezogenen landwirtschaftlichen Kulturen, die trotz profihaftem Verhalten und Einsatz von Technik und Knowhow von Landwirten auf dem Feld nicht vollständig bis zur Ernte kommen. Diese Schadbilder müssen offener kommuniziert werden, auch wenn uns selbst Bilder von Hochglanzernten viel mehr Freude bereiten. Breitenwirkung in die Gesamtgesellschaft bekommen wir nicht nur, indem wir über Probleme abstrakt unter Nutzung der eigenen Fachtermini sprechen.

Aus dem eben Benannten wird deutlich, dass wir als landwirtschaftliche Branche weitere strategische Verbündete mehr als elementar brauchen, um druckvoll Ziele im Spiel mit Politik und Verwaltung zu erreichen. Für das Einbinden neuer Verbündeter außerhalb der eigenen Bubble werden wir viel mehr Arbeit und Engagement als je zuvor aufbringen müssen. Denn es bringt uns wenig voran, wenn Landwirte nur mit Landwirten kommunizieren und bestenfalls sich gegenseitig bestätigen in der Annahme, dass die Bedingungen nicht optimal sind. Es ist auch nicht wirklich zielführend, wenn sich zu einem Sachverhalt mehrere Organisationen melden und stets was anderes gegenüber Politik und Medien kundtun, weil man sich vorher nicht einig geworden ist oder aus bewährter Haltung immer konträr unterwegs ist. Abgestimmtes Verhalten, Vertrauen, Vertrauen und nochmal Vertrauen, dass es der andere nicht schlecht mit einem selbst meint und auch umgekehrt nicht, sowie ein hoher Impact in die Sache sind die Grundlagen, damit mehr politische Erfolge erzielt und es besser werden kann für die eigene Branche. Das erfordert von den Engagierten viel Abstraktionsvermögen weg von der Denke nur an den eigenen Betrieb und vor allem den Glauben an politische Wirksamkeit. Und genau für diese Aufgaben braucht es starke Organisationen, die dem Einzelnen eine Heimat geben. Alleine kommt da draußen niemand durch, und mag er sich derzeit noch so stark fühlen oder hoffen, dass sich schon wer für einen selbst kümmert.

 

Marcus Rothbart
Hauptgeschäftsführer des
Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.

 

Blick ins Heft:

Deutscher Bauerntag 2025

Am 25. und 26. Juni 2025 fand in Berlin der Deutsche Bauerntag unter dem Leitsatz „Mehr Politikwechsel wagen“ statt. Rund 500 Delegierte aus ganz Deutschland sowie Gäste kamen zusammen, um über die Zukunft der Landwirtschaft zu beraten und klare Signale an Politik und Gesellschaft zu senden.

Im Zentrum der Diskussionen standen die Entlastung landwirtschaftlicher Betriebe, die Entwicklungen in der Tierhaltung und eine verlässliche Agrarpolitik. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, forderte in seiner Grundsatzrede u.a. spürbare Schritte zum Bürokratieabbau sowie ein entschlossenes politisches Bekenntnis zur Wirtschaftlichkeit der Betriebe. Die Streichung der von Seiten der EU nicht geforderten Stoffstrombilanz ist ein erster und wichtiger Schritt. Auf europäischer Ebene wurde eine stärkere Ausrichtung der GAP auf Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Umweltleistungen betont. Nationale Alleingänge, insbesondere bei Auflagen in Tierhaltung und Düngung, soll es zukünftig nicht mehr geben, verkündete die Bundesregierung bereit im Vorfeld.

Auch politische Vertreter äußerten sich: Bundesagrarminister Alois Rainer sagte steuerliche Entlastungen beim Agrardiesel sowie zusätzliche Mittel für Stallumbauten zu. Bundesumweltminister Carsten Schneider plädierte für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Umweltpolitik, ohne ideologische Gräben zu vertiefen.

Auf dem YouTube-Kanal des Bauernverbandes können Sie verschiedene Reden der beiden Tage nachschauen. LINK

Auf dem Bauerntag wurden Auszubildende aus den Grünen Berufen für ihre Leistungen ausgezeichnet. Insgesamt hatten sich tausende junge Menschen an den bundesweiten Berufswettbewerben beteiligt. LINK

Erste Prognose zur Ernte 2025 in Sachsen-Anhalt

Jährlich treffen sich Landwirte des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. unter Einbezug von Zuckerrübenanbauverbänden und Unternehmen des Landhandels vor der Ernte. Für 2025 wurden aktuelle Einschätzungen zum Anbau und den witterungsbedingten Einflüssen zusammengetragen. Grundlage bildet dafür eine Vorernteschätzung von 50 landwirtschaftlichen Betrieben aus Sachsen-Anhalt.


Der kühle Mai und die Niederschläge um Ostern haben vielen Kulturen das Überleben gesichert. In zahlreichen Regionen konnten sich die Bestände stabilisieren oder sogar regenerieren, in den östlichen und nördlichen Gebieten ist der Trockenstress aber sichtbar. Aufgrund der trockenen Witterung wurde in Getreidebeständen ein geringerer Krankheitsdruck festgestellt. Im Raps ist es in der ackerbaulichen Praxis immer weniger möglich, die Schädlinge in Schach zu halten, mit entsprechenden Kosten- und Arbeitsbelastungen. Aufgrund massiver Schäden durch Rapserdfloh und Rapsglanzkäfer wurden seit der Aussaat im Herbst 2024 schätzungsweise 20 Prozent der Flächen umgebrochen und erneut ausgesät. Der Raps bleibt für viele Betriebe dennoch unverzichtbar, um eine ertragreiche Fruchtfolge zu gewährleisten.


Die Nachfrage nach Wintergerste hat durch sinkende Tierbestände in den vergangenen Jahren spürbar nachgelassen, entsprechend wurde der Anbau vielerorts reduziert. Auch die Anbaufläche von Winterweizen ist etwas zurückgegangen. Hauptgrund dafür ist, dass der Anbau von Weizen in den sogenannten roten Gebieten ein erhebliches wirtschaftliches Risiko aufweist. Die Einschränkungen in der bedarfsgerechten Düngung bewirken, dass auf diesen Flächen fast ausschließlich Futter-Weizen geerntet wird. Für die Landwirte bedeutet das, dass ihre Ernte bei gleichbleibenden Kosten deutlich weniger wert ist.


Die Schilf-Glasflügelzikade breitet sich zunehmend aus, betrifft mittlerweile zahlreiche Ackerkulturen und bewirkt im Ackerbau große Sorgen. Eine Anpassung der Fruchtfolge allein bietet nur sehr eingeschränkt Abhilfe, da die Zikade eine Vielzahl von Kulturen befällt. Sowohl in den Bereichen Züchtung als auch Pflanzenschutz sind unbedingt schnelle Fortschritte zu erzielen, um in der Praxis verhindern zu können, dass sich die Zikade in weiteren Regionen und Kulturen ausbreitet.


Für eine Bewertung von Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben ist es noch zu früh. Die Situation auf dem Grünland wird differenziert bewertet, da die Niederschlagsverteilung an einigen Standorten gute erste Schnitte ermöglichte, an anderen weniger. Auch hier wird entscheidend sein, wie Hitze und Niederschläge in den kommenden Wochen und Monaten verteilt sind.

 

Ticket für Polit Talk sichern

Was bringt die neue Bundesregierung – und deren Koalitionsvertrag – mit sich? Um diese und weitere Fragen wird sich der Polit Talk 2025 drehen, der am 16. Juni in Halberstadt stattfindet.

Der Polit Talk ist eine zügig moderierte Veranstaltung, bei der es um prägnante Statements zu ausgewählten Themen geht. Tickets gibt es über den Webshop der Agrardienste Sachsen-Anhalt: https://agrardienstesachsenanhalt.de/online-shop/ticket/polit-talk-2025/