Petitionen gegen Ampel-Pläne

Hier finden Sie zwei Petitionen, die sich gegen die Haushaltspläne der Bundesregierung richtet, speziell gegen die geplante Streichungen der Agrardieselrückvergütung und das geplante Ende der Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge. Wir rufen alle Landwirtinnen und Landwirte sowie unsere Mitmenschen im ländlichen Raum dazu auf, bei beiden Petitionen mitzumachen und dieses wichtige Anliegen zu unterstützen!

Petition bei change.org: https://chng.it/KmbxPSqZmX

Petition im Bundestag: https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2023/_12/_17/Petition_161196.nc.html

Zum Bundeshaushalt 2024

„Wenn der Kanzler und die Bundesregierung teurere Lebensmittel aus Deutschland und weniger Versorgungssicherheit wollen, sind sie auf dem richtigen Kurs. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Betriebe der Landwirtinnen und Landwirte im Rahmen des geplanten Bundeshaushalts 2024 in Höhe von hunderten Millionen Euro belastet werden sollen. Die Bundesregierung hat offensichtlich kein Interesse an einer wirtschaftlich funktionierenden Landwirtschaft.“ kommentiert Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.

Die von der Bundesregierung angekündigten Streichungen treffen alle landwirtschaftlichen Unternehmen hart. Neben der Agrardiesel-Beihilfe will die Ampel-Regierung auch die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge streichen. Zusammengenommen sind dies Posten in Höhe von rund 900 Millionen Euro, die den Betrieben dann fehlen werden. Die CO2-Steuer für fossile Energieträger soll hingegen erhöht werden, was die Produktion sogar noch weiter verteuert.

Die Agrardiesel-Beihilfe und die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge sind Nachteilsausgleiche. Wer bei diesen Posten von „klimaschädlichen Subventionen“ spricht, hat weder von der Landwirtschaft in Deutschland noch von globaler Agrarökonomie eine Ahnung. Die deutsche Landwirtschaft hat hohe Standards und sehr hohe Produktionskosten. Immer mehr Lebensmittelerzeugung wandert bereits heute ins Ausland ab. Die Streichung der Nachteilsausgleiche würde eine zusätzliche gravierende Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland bedeuten.


Ihre Hinweise für Bürokratie-Abbau

Immer mehr Bürokratie führt nicht nur bei Landwirtinnen und Landwirten zu Frust. Der Landkreistag Sachsen-Anhalt, unser Bauernverband, Industrie- und Handelskammern und weitere Organisationen haben eine Initiative gestartet. Über eine Melde-Plattform werden überflüssige Rechtsvorschriften, unpraktikable Regelungen sowie unnötige Anzeige- und Berichtspflichten gesammelt.

www.bürokratiestopp-jetzt.de

Je mehr Meldungen eingehen, desto besser! In weniger als einer Minute können über das Formular Ihre Hinweise eingegeben werden. Die Teilnahme ist natürlich anonym.

 

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 12/2023

Werte Verbandsmitglieder,

liebe Bäuerinnen und Bauern,

die Landwirtschaft war und ist eine Branche, die sich verändert. Manch einer mag es kaum noch hören. Wenn wir aber an die 1990er Jahre zurückdenken, in denen der Großteil unserer Betriebe entstand, wird es offensichtlich. Damals wurden vielerorts neue Strukturen geschaffen, neue Technik wurde entwickelt, neue Produktionsweisen eingeführt. Altes Wissen wurde bewahrt, neues Wissen erworben. Wer uns Landwirtinnen und Landwirten unterstellt, dass wir nicht offen für Veränderungen wären, verkennt die Realität. Weiterentwicklungen in der Landwirtschaft wurden damals maßgeblich durch neue Erkenntnisse angestoßen, durch technischen Fortschritt und Veränderungen der Märkte. Heute sind es immer mehr gesellschaftliche und politische Anforderungen, die betriebliche Entscheidungen mitbestimmen. Umso wichtiger ist, dass wir gemeinsam im Bauernverband diese Rahmenbedingungen mitgestalten.

Im kommenden Jahr stehen die Kommunal- und Europawahlen an. Jede und jeder von uns sollte auf kommunaler Ebene aktiv werden, insbesondere wenn sich neue Personalien in Stellung bringen wollen. In Berlin mag ein Großteil der politischen Rahmenbedingungen beschlossen werden, viel Gestaltungsspielraum liegt bei den Kommunen.

Zur Europawahl: Auch wenn wir als Betriebsleiter mit der EU einiges an Frust verbinden, wie SUR und NRL, dürfen wir die Vorteile nicht übersehen. Der Brexit hat uns allen vor Augen geführt, dass unser gemeinsames Europa für seine Mitgliedsstaaten gewaltige Vorteile hat: Freizügigkeit für Arbeitnehmer, ein hohes Maß an Rechtssicherheit und nicht zuletzt der Freihandel. Das sind Punkte, die für unsere Betriebe in Zukunft nicht an Bedeutung einbüßen werden.

Wie solche Punkte politisch ausgestaltet werden, entscheidet sich maßgeblich in den gewählten Parlamenten. Damit die Bedenken von Landwirtinnen und Landwirten ernst genommen und berücksichtigt werden, müssen wir mit allen Beteiligten im Gespräch sein. Deshalb waren Mitglieder unseres Verbandes im Jahr 2023 bei dutzenden Veranstaltungen vertreten. Wir haben hunderte Stellungnahmen und Statements abgegeben, an die Politik, die Verwaltung und die Presse. Die Zahl der einzelnen Gespräche und Schriftwechsel, die wir als Verband mit anderen Gruppen geführt haben, muss weit in den Tausendern liegen. Wir haben einen starken Bauernverband, der die vielen Themen und Anliegen der Praxis bündelt, aufbereitet und weiterträgt.

Unerlässlich für diese Aufgabe sind gemeinsame Strukturen. Bei sich vor Ort kann jeder Einzelne viel bewegen, auf Kreis- und Landes­­ebene brauchen wir Gremien, die die Vielzahl der Betriebe und Besonder­­heiten berück­sichtigen. Für die Arbeit mit Politik, Verwaltung und Presse sind gemeinsame Entscheidungen und Positionierungen unerlässlich. Wichtig ist dafür auch die Arbeit unseres Hauptamtes, denn kein Betriebsleiter hat die Zeit, Gesetzesentwürfe durchzuarbeiten oder Verordnungen auszuwerten.

Die Rahmenbedingungen für uns Landwirtinnen und Landwirte werden sich 2024 und darüber hinaus weiter verändern. Es wird weitere technische Fortschritte geben, der Markt wird sich an die Konsumenten anpassen, gesellschaftliche Anforderungen werden sich wandeln und die Politik wird dies aufgreifen. Der Wandel war noch nie aufzuhalten, er wurde aber schon immer von uns mitgestaltet. Damit das auch in Zukunft möglich bleibt, müssen wir langfristig und gut vernetzt miteinander zusammenarbeiten, im Verband, mit allen Gruppen des ländlichen Raumes, den anderen Wirtschaftsbereichen, den Menschen in Ämtern und mit gewählten Vertretern. Bei den Letztgenannten werden wir alle durch die Wahlen im kommenden Jahr dazu beitragen können, dass an diesen Stellen keine extremen, ideologischen Positionen Einzug halten. Nur wer bereit ist, Kompromisse zu suchen, findet gemeinsame Wege.

Ich möchte meinen Berufskolleginnen und -kollegen in den Vorständen danken, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Betrieben, in den Kreisen und in Magdeburg, unseren Partnern in Verbänden, Unternehmen und Behörden und natürlich allen Landwirtinnen und Landwirten, die sich für die gemeinsame Sache einbringen. Ihnen und Ihren Familien wünsche ich eine besinnliche Adventszeit, ein gesegnetes Weihnachtsfest, einen ruhigen Jahreswechsel und für das neue Jahr viel Erfolg und Gesundheit. Lassen Sie uns auch im kommenden Jahr gemeinsam Herausforderungen angehen und Lösungen finden.

Ihr

Olaf Feuerborn

Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.

 

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 11/2023

Werte Mitglieder, werte Landwirtinnen und Landwirte,

im kommenden Juni werden wir in Sachsen-Anhalt Kommunal- und Europawahlen abhalten. Die Vorbereitungen in den Parteien laufen schon länger an, seien es die Wahlprogramme für die Europawahl oder das Qualifizieren von Kandidaten für die Kommunalwahlen. Beide Wahlen sind für unsere Branche von Relevanz.

Bei den Kommunalwahlen wird es für die Landwirtschaft darauf ankommen, dass Kandidaten vielfältig und parteiübergreifend in die Gremien kommen, die die Sichtweisen der Landwirtschaft und der weiteren Wirtschaftspartner mitbringen und als Multiplikatoren dienen können. Inhaltlich können wir als Verband nicht zu viel beitragen. Es handelt sich um gelebte Politik von Menschen vor Ort, die von den Themen vor Ort bestimmt wird. Im Nachgang ist eher vorzusehen, dass wir den gewählten Vertretern, die eine Nähe zum Verband aufweisen, persönliche und inhaltliche Qualifizierungsmöglichkeiten mit an die Hand geben.

Für die Europawahl sieht das schon differenzierter aus. Auf die Kandidaten der Parteien haben wir keinen Einfluss und im Nachgang werden wir auch weiterhin eine sehr überschaubare Auswahl an Abgeordneten haben, die für Sachsen-Anhalt aktiv sein werden. Ansetzen werden wir frühzeitiger auch über die Ebene des DBV, indem wir unsere berufsständischen Forderungen an die Parteien übermitteln und diese idealerweise in Wahlprogrammen Widerhall finden. In dieser Phase befinden wir uns derzeit und werden auch auf dem Bauernverbandstag in Staßfurt hierzu unsere Forderungen aufstellen. Für den Mai 2024 sehen wir eine Präsidiumssitzung und einen Polittalk vor, der sich den Wahlen widmen wird.

Mit dem Blick auf Europa wird entscheidend sein, dass es eine vernünftige Wahlbeteiligung braucht, Wahlprogramme gelesen werden und Wahl­entscheidungen getroffen werden, die nicht lediglich von Protest geprägt sind. Das Parteienspektrum und die Vielfalt im Europäischen Parlament sind deutlich umfangreicher und ebenso die Koalitionsmöglichkeiten.

Was in diesen weltpolitisch und wirtschaftlich teilweise aufgewühlten und hektischen Zeiten nicht vernachlässigt werden darf, ist dass wir auch in Deutschland auf eine funktionsfähige EU angewiesen sind. Bei aller Kritik an der EU und ihren Institutionen, und davon hat die landwirtschaftliche Branche mehr als genug, darf nicht vergessen werden, dass sich die Weltpolitik derzeit neu sortiert. Um den Angriffen auf unser freiheitliches Modell in Europa zu trotzen, braucht es starke Institutionen, jedoch auch den Rückhalt der Bevölkerung für diese. Das europäische Friedensprojekt der 1990iger Jahre mit den ersten Aufnahmen osteuropäischer Staaten ist kein Selbstläufer mehr, sondern man muss um die Freiheit täglich kämpfen.

Um diesen Rückhalt zu bekommen, müssen sich auch die europäischen Einrichtungen über ihre künftige politische Ausrichtung sehr viel mehr Gedanken machen. Der Eindruck, dem man sich so manches Mal nicht erwehren kann, ist der, dass immer mehr aus Brüssel in die Staaten hinein­reguliert wird. Das war weder das ursprüngliche Ansinnen, noch kommt das bei den meisten Bürgern gut an, sondern sorgt für Verdruss, Frustration und schwierige Wahlentscheidungen. Die große Linie muss künftig wieder sein, dass man den Bürgern etwas zutraut. Mehr Regulatorik wird nicht zu mehr Europabegeisterung führen. Mit permanenten Zumutungen schaffen wir keine Perspektiven für die über 500 Millionen Bürger vom Nordkap bis Sizilien.

Mit dem Blick auf die Jahre seit der letzten Europawahl und dem Beginn der Amtszeit der EU-Kommission am 01.12.2019, muss man konstatieren, dass weder Corona, der Krieg in der Ukraine noch die Wiederkehr der Zinsen am Kapitalmarkt in der Form vorhersehbar waren. Das waren Herausforderungen, denen sich das Instrument des Green Deal, der die umspannende politische Klammer sein sollte, in seiner Entstehungsgeschichte nicht widmen musste. Im Kommentar aus dem Januar 2020 verwies ich auf die Notwendigkeit, dass die Bürger bei diesem Instrument auch wirtschaftlich mitgenommen werden müssen. In Ansicht der multiplen Krisen konnte man das Gefühl nicht durchgängig mitnehmen. Wenn es einer Kurskorrektur bedarf, dann bei diesem Instrument künftig in der Form, als dass mit Klima- und Umweltschutz unter Wahrung von vollumfänglichen Eigentumsrechten wirtschaftliche Aktivität zu entfalten ist. Das gilt insbesondere für die landwirtschaftliche Branche, die mit SUR, NRL und Green Finance in den letzten Jahren Instrumente vorgesetzt bekommen sollte, die das diametrale Gegenteil sind. Klimaschutzargumente haben das nicht gerechtfertigt, sondern die Fraktion der Einschränkung hatte die Oberhand. Ein politischer Kurswechsel ist in Zukunft nötig, wir haben in Europa zu viele strategische Herausforderungen. Jeder Wahlberechtigte hat deshalb die Möglichkeit und Verpflichtung seinen Beitrag zu leisten.

Ihr Marcus Rothbart
Hauptgeschäftsführer des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.

Blick ins Heft:

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 10/2023

Liebe Leserinnen und Leser,
bei dem Begriff „Landwirtschaft“ denken die meisten an den Ackerbau. Nicht weniger wichtig für die Landwirtschaft ist aber die zweite Säule, die Tierhaltung. Die Zahl der Tierhalter hierzulande wird jedoch kontinuierlich geringer. Dieser Trend ist nicht nur für die Landwirtschaft eine schlechte Nachricht, sondern für alle Menschen in Sachsen-Anhalt, denn es macht uns gesellschaftlich, ökologisch und kulturell ärmer.
Rinder und Schafe sind Landschaftspfleger. Ihre Rolle in der Kulturlandschaft kann nicht überbewertet werden. In Sachsen-Anhalt tragen sie maßgeblich zur Erhaltung und Gestaltung unserer einzigartigen Kulturlandschaften bei. Sie halten nicht nur Wiesen und Weiden kurz, sondern sie verhindern auch das Zuwuchern von Flächen mit unerwünschter Vegetation. Diese Bewirtschaftung trägt dazu bei, dass unsere Landschaften so aussehen, wie wir sie kennen und schätzen – gepflegt und offen.
Währenddessen verwerten die Tiere Pflanzen, die nicht für die menschliche Ernährung geeignet sind. Viele Teile von Pflanzen, die für den Menschen nicht direkt nutzbar sind, können von Tieren verwertet werden. Durch die Verfütterung an Rinder und Schweine können beispielsweise Nebenerzeugnisse aus der Pflanzenöl-Produktion genutzt werden. Dies trägt zur Effizienz der Landwirtschaft bei, da diese Tiere pflanzliche Materialien in wertvolle tierische Produkte wie Fleisch und Milch umwandeln. Darüber hinaus spielen die Tiere eine wichtige Rolle in der Kreislaufwirtschaft. Sie produzieren natürlichen Dünger, der wiederum zur Düngung von Feldern verwendet werden kann. Dies reduziert die Notwendigkeit von mineralischen Düngemitteln und trägt zur Regionalität unserer Landwirtschaft bei.
Besonders in Sachsen-Anhalt sind Rinder und Schafe in der Landwirtschaft von großer Bedeutung. Die traditionelle Beweidung von Flächen spielt eine zentrale Rolle in dieser Region und prägt das Landschaftsbild entscheidend. Die Weiden entlang der Elbe, in der Harzregion, der Altmark und viele andere Teile des Landes wären ohne die Beweidung durch Rinder und Schafe nicht das, was sie heute sind. Diese Tiere helfen dabei, die charakteristischen Flächen zu erhalten und schaffen Lebensraum für zahlreiche andere Pflanzen- und Tierarten. Denn neben der landschaftlichen Bedeutung tragen Rinder und Schafe besonders auch zur Artenvielfalt bei. Die Beweidung von Grünlandflächen fördert eine reiche Vielfalt an Pflanzenarten. Diese wiederum bieten Nahrung und Lebensraum für viele Insekten, Vögel und andere Tiere. Die Bewirtschaftung von Grünland schafft ökologische Nischen, von denen viele bedrohte Arten profitieren. Ohne die Weidetiere würde diese Vielfalt nach und nach verschwinden.
Nicht vergessen werden darf, dass die Tierhaltung auch eine soziale und kulturelle Bedeutung hat. Sie ist tief in die Tradition und Geschichte der Region verwurzelt, Viehzucht hat Generationen von Menschen in Sachsen-Anhalt ihren Lebensunterhalt gesichert und eine starke Bindung zur Landwirtschaft geschaffen. Die Arbeit mit den Tieren prägt das kulturelle Erbe vieler Familien, wie zuletzt beim Landeserntedankfest in Magdeburg zu sehen war.
Die noch bestehende Tierhaltung hierzulande am Leben zu halten, ist aus den genannten Gründen sehr wichtig und ist aus meiner Sicht eine wichtige und gesellschaftliche Aufgabe. Die verbleibenden Tierhalter stehen nämlich vor enormen Herausforderungen. Wer Tierhaltung hat, ist pro Woche meist ein bis zwei Tage nur mit Bürokratie beschäftigt. Wenn man selbst die Verarbeitung macht und vielleicht sogar eine eigene Vermarktung hat, steigen bürokratische Nachweispflichten sowie die Zahl der Prüfungen und Kontrollen noch weiter an. Dem gegenüber stehen Erzeugerpreise, die besonders bei Schafhaltern schon lange nicht mehr die Kosten decken. Für Schweinehalter und Milch-Betriebe ist die wirtschaftliche Situation seit Jahren ein Drahtseilakt, der viele zum Aussteigen bringt.
Es reicht nicht, wenn Politik sich zur regionalen Tierhaltung bekennt und Verbraucher sich diese wünschen. Politiker müssen sich auf allen Ebenen spürbar dafür einsetzen und Verbraucher müssen regionale Produkte kaufen, wenn diese (noch) da sind. Dann können Tierhalterinnen und Tierhalter auch mit gutem Gewissen in neue Haltungsformen investieren und den Hof an die nächste Generation weitergeben. Die Bäuerinnen und Bauern würden es liebend gerne tun!
Susann Thielecke
Vizepräsidentin Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.

Blick ins Heft:

Erntebericht Sonderkulturen 2023

Der Anbau von Sonderkulturen hat in Sachsen-Anhalt eine lange Tradition. Die Hauptanbauregion für Arznei- und Gewürzpflanzen wie Majoran, Thymian, Fenchel und Bohnenkraut liegt im Salzlandkreis. Doch der Anbau wird weniger.

Viele Sonderkulturen haben sich in diesem Jahr ungleichmäßig entwickelt. Durch die sehr trockene Witterung im Frühjahr kam es zu einem verzögerten Wachstum der Pflanzen, beispielsweise im Majoran. Die feuchten Bedingungen im Sommer führten dann jedoch dazu, dass sich viele Bestände zumindest teilweise erholen und entwickeln konnten. Momentan werden unter anderem Majoran, Buschbohnen und Zwiebeln geerntet.

Die Rahmenbedingungen für die Betriebe mit Sonderkulturen haben sich in den letzten Jahren verschlechtert, sodass wir einen zunehmenden und teils drastischen Rückgang im Anbauumfang verzeichnen müssen. Während die Anbaufläche von Thymian im Jahr 2019 noch bei 346 ha lag, gibt es 2023 nur noch 72 ha Thymian in Sachsen-Anhalt. Rückläufig ist auch der Anbau von Zierpflanzen, Erdbeeren und Obst insgesamt. Die starke Trockenheit der vergangenen Jahre hat dazu beigetragen, ist aber nicht der Hauptgrund.

Andreas Kahl, Vorsitzender des Fachausschusses „Sonderkulturen, Gemüse, Arznei- und Gewürzpflanzen“, sagt dazu: „Wir haben kaum noch eine Möglichkeit, unsere Pflanzen wirkungsvoll vor Schaderregern zu schützen. Zusätzlich sorgen die schwierigen markt- und agrarpolitischen Rahmenbedingungen für Anspannung bei den Betrieben. In Sachsen-Anhalt werden beste Nahrungsmittel unter sehr hohen Umwelt- und Sozialstandards erzeugt. Wenn das weiterhin gesellschaftlich gewollt ist, braucht es bessere politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen“.

Die massiven Lohnkostensteigerungen durch die Anhebung des Mindestlohns haben Auswirkungen auf den gesamten Sektor, der weiterhin handarbeitsintensiv ist. Der Mindestlohn in Deutschland liegt deutlich über dem europäischen Durchschnitt, weswegen in anderen Staaten günstiger produziert wird. Der Druck des internationalen Wettbewerbs ist für die Betriebe hierzulande sehr hoch. Bei vielen Sonderkulturen ist Deutschland bereits von Importen abhängig, aufgrund des geringen Selbstversorgungsgrades.

Die seit 2018 anhaltende Dürre wirkt sich ebenso auf den Anbau von Sonderkulturen aus. Durch stark schwankende Erträge steigt das Risiko bei Kulturen, die hohe Investitionen in den Anbau voraussetzen. Die unsichere Ertragslage verstärkt den Trend, dass sich Verarbeiter und Vermarkter der Waren ausländische Produzenten suchen, beispielsweise in Polen und Ägypten.

Nicht alle Sonderkulturen schwinden im gleichen Umfang und Tempo. Konstant hält sich der Anbau der Lauchgewächse, also Speisezwiebeln, Schalotten, Lauch, Knoblauch oder Schnittlauch. Hier schwankt der Anbauumfang in den letzten fünf Jahren zwischen 1.037 ha und 1.075 ha. Bei Oregano und der bestockten Rebfläche gibt es im Vergleich zum Vorjahr wenig Veränderungen.

 

Hintergrund: Der Fachausschuss „Sonderkulturen, Gemüse, Arznei- und Gewürzpflanzen“ des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Anbau von Arznei- und Gewürzpflanzen sowie Obst, Gemüse und Blumenzwiebeln. Durch die Arbeit im Fachausschuss tauschen sich die Landwirtinnen und Landwirte aus, erkennen betriebsübergreifende Herausforderungen und bestimmen maßgeblich über die Positionen des gemeinsamen Verbandes in den jeweiligen Fachthemen mit. Insgesamt gibt es im Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. 17 Fachausschüsse.

 

 

Weitere Informationen zu Mindestlöhnen in der EU finden Sie unter:

https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Arbeitsmarkt/Mindestloehne.html

Weitere Informationen zum Stand der Dürre finden Sie unter:

https://www.ufz.de/index.php?de=37937

Weitere Informationen zum Selbstversorgungsgrad mit Obst und Gemüse finden Sie unter:

https://www.bmel-statistik.de/ernaehrung-fischerei/versorgungsbilanzen/obst-gemuese-zitrusfruechte-schalen-und-trockenobst

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 09/2023

Werte Mitglieder,
werte Landwirtinnen und Landwirte,

in den letzten Monaten umweht uns im ländlichen Raum vielfach der Duft von frisch Gegrilltem. Grillen war und ist sommerliches Kulturgut in Deutschland und im Zuge der Weiterentwicklung hat sich die Produktpalette auf dem Grill, egal wie er betrieben wird, über die Jahre erweitert. Für jede und jeden sollte was dabei sein können, nur darf in den meisten Fällen Fleisch nicht fehlen. Schön wäre es aber schon, wenn es weiterhin überwiegend aus Deutschland käme, nur daran zweifeln immer mehr Praktiker. Sind wir politisch noch gewollt oder macht es nicht viel mehr Sinn, aus der tierischen Produktion auszusteigen, solange der wirtschaftliche Schaden überschaubar ist? Es ist nicht nur der Personalmangel, der frustriert, sondern vor allem die bürokratische Unsicherheit.

In dem Geschacher um die Tierhaltung auf Bundes­ebene erkennen viele keine betriebliche Perspektive für sich. Sie erwarten, dass die Regierungs­parteien in Berlin die dramatischen Zahlen des Bestandsabbaus und Höfesterbens nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern zum Anlass, um dem Rest der professionellen Tierhalter endlich positive Perspektiven aufzuzeigen. Das wäre schon allein aus Respekt gegenüber den in den Startlöchern stehenden Betriebsnachfolgern geboten. Einen erneuten Tiefpunkt erleben wir just nun, da die Borchert-Kommission, das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, seine Arbeit einstellt. Für Realisten war das seit dem Regierungswechsel in Berlin absehbar. Die einen wollen keine Finanzierung, die anderen keinen Umbau. Umso wichtiger ist es, die gangbaren landesspezifischen Spielräume politisch zu entwickeln und zu nutzen.

Unterlassen, Aussitzen und Nichtagieren, weil Parteiflügel und Koalitionsverträge wichtiger sind, führt aktuell zum für einige gewünschten Ergebnis, das den Staat erstmal nichts kostet. Über Generationen entwickelte, vielfältige Tierhaltung verschwindet in der Breite und der Rest konzentriert sich. In den östlichen Bundesländern bekommen wir auf dem Acker schon heute keine Nährstoffkreisläufe mehr flächendeckend mit Wirtschaftsdünger geschlossen. Allein der Ruf nach weniger Getreide für den Futtertrog muss Fachleuten skurril anmuten. Am Ende einer Ernte, die verstärkt nur noch Futterqualitäten für die Tierhaltung hervorgebracht hat oder energetisch in der Biogasanlage genutzt wurde. In der Summe ist Agrarpolitik nie trivial – den Marktfruchtbetrieben fehlt auf Dauer ebenso der Abnehmer für die Wintergerste in der gewünschten vielfältigen Fruchtfolge, wenn es nicht genügend Tierhaltung gibt.

Um es programmatischer, drastischer auszudrücken: Es braucht aus der Sicht einiger politischer Akteure offenbar eine Disruption in der Landwirtschaft. Würde man sanft transformativ vorgehen, würde das alte System nicht verschwinden und die Ernährungswende (weg vom Fleisch) könnte nicht gelingen. Ob etwas Neues entsteht, wie nach einem Waldbrand, das weiß man nicht. Das ist aber auch egal, weil ländlicher Raum eine zu kleine Wählerklientel darstellt.

Was nicht verstanden wird: Es gibt keine unbegrenzte Leidensfähigkeit von Betriebsleitern und es ist keine Selbst­verständlichkeit mehr, das politische Handeln auf ewig auszuhalten. Dann soll das doch alles aus dem Ausland kommen, wenn die politisch Verantwortlichen das so wollen. So eine vielfach gehörte Äußerung aus dem Berufsstand. Damit steht die Landwirtschaft als Branche derzeit nicht mal allein da.

Das Vorgenannte führt zu der gesellschaftspolitischen Fragestellung: „Welche Landwirtschaft, welche Landwirte, welche Tierhaltung halten wir uns künftig“? Wir sprechen gerne von gewünschten bäuerlichen Strukturen, da fühlt sich die gesellschaftliche Mehrheit medial abgeholt und wohl. Die Tiere sollen aus dem Stall raus, Frischluft haben, Natur ist nie schädlich. Das Wohlbefinden von Nutztieren ist in allgegenwärtigen Klimadebatten politisch schon mehr wert als das von Menschen. Im Humanbereich hingegen erfährt der sozialistische Plattenbau mit Einheitswohnungen ohne persönlichen Auslauf eine politische Renaissance, das Einfamilienhaus mit Garten ist obsolet und klimaschädlich. Kapitalistische Überschussproduktion in der Landwirtschaft soll zurückgeführt werden, die Besinnung auf das national-regionale wird als das Credo ausgeworfen.

Um es deutlich zu artikulieren: Weder ist Export per se schädlich, noch hilft uns eine rein national ausgerichtete Wirtschaftsordnung in Europa! Das ist, egal von welcher politischen Seite es kommt, wirtschaftspolitisches Cocooning ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für landwirtschaftliche Betriebe. Heilsversprechen bezahlen keine Rechnungen und bringen keinen monetären Ertrag. Die Realität soll den Wünschen der eigenen Klientel gebeugt werden, auf Gedeih und Verderb. Ungeachtet der Tatsache, dass das nicht funktionieren kann, in einer freien und marktwirtschaftlichen Welt. Das vergleichbare Paradebeispiel ist der Tante-Emma-Laden, der schon lange am real existierenden Verbraucherverhalten geendet ist. Als mündige und selbstbestimmte Konsumenten wissen wir alle um unsere eigene dauerhafte Verhaltensdiskrepanz zwischen Umfragen und Realität. Dass es mit der Tierhaltung in Deutschland nicht so ausgeht, dafür müssen zügig umsetzbare Rahmenbedingungen geschaffen werden. Der Besuch einer handelsüblichen Currywurstbude, das zuhörende Gespräch mit entpolitisierten Bürgern im ländlichen Raum, könnte bei einer politischen Kurskorrektur und Erdung helfen.

Ihr Marcus Rothbart
Hauptgeschäftsführer Bauernverband Sachsen-Anhalt

Blick ins Heft: