Stand der Ernte

Im Rahmen der 2. Ernte-Umfrage, die vom 22. bis 27. Juli stattfand, haben fast 60 landwirtschaftliche Betriebe aus Sachsen-Anhalt ihre Erntezahlen und -erwartungen für verschiedene Kulturen gemeldet.

In den vergangenen zwei Wochen standen die Maschinen vielerorts oft still. Kühles und feuchtes Wetter brachten die Ernte nur stockend voran. Der Regen wurde zwar lang ersehnt, jedoch bremst er in diesem Zeitraum die Weizen- und Rapsernte massiv aus. Insbesondere im Getreide sinken dadurch die Qualitäten, was zu einer problematischen Vermarktung führt, bei einer bereits schwierigen Marktlage.

Die Wintergerstenernte in Sachsen-Anhalt konnte vor den Niederschlägen beendet werden, abgesehen von wenigen Restbeständen. Die Erträge sind durch den vielerorts geringen Niederschlag sehr unterschiedlich ausgefallen. Im Vergleich zum letzten Jahr konnte jedoch mehr vom Feld geholt werden. Im Schnitt konnten so in Sachsen-Anhalt 76 dt/ha Gerste geerntet werden. Die regionalen Durchschnitte variieren aufgrund der Bodenverhältnisse und Niederschlagsverteilung von rund 60 dt/ha bis rund 90 dt/ha.

Die Erträge im Winterroggen sind im langjährigen Mittel als durchschnittlich zu bewerten. Wir befinden uns hier über den Erträgen aus 2023 und knapp unter den Erträgen aus 2024, mit einem derzeitigen Ertrag von rund 42 dt/ha. Der Raps war zum Zeitpunkt der Befragung zur Hälfte abgeerntet. Die Erträge sind voraussichtlich etwas höher als im Vorjahr, zu den Qualitäten liegen noch keine ausreichenden Informationen vor.

Die Weizenernte kommt nur langsam voran. Nach Erhebung des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt waren im Zeitraum der Umfrage lediglich 15 % des gesamten Weizens hierzulande geerntet worden. Es zeichnen sich etwas geringere Erträge als im Vorjahr ab.

Die finale Ernteumfrage wird Mitte August stattfinden.

August-Kommentar im Informationsheft

Liebe Berufskolleginnen und -kollegen,
liebe Leserinnen und Leser,

die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt ist leistungsfähig, anpassungsbereit und voller Fachwissen. Unsere Betriebe beweisen Tag für Tag, wie viel Innovationskraft und Verantwortungsbewusstsein im Ackerbau steckt. Ob Bodenbearbeitung, Sortenwahl oder Pflanzenschutz – wir entwickeln unsere Arbeitsweisen stetig weiter und reagieren auf neue Herausforderungen. Die Betriebe investieren in moderne Technik, überdenken und verbessern ihre Fruchtfolgen, nutzen digitale Systeme und erproben neue Verfahren. Das ist echte Zukunftsarbeit.
Wer auch morgen noch erfolgreich und nachhaltig wirtschaften soll, darf nicht nur mit den Möglichkeiten von gestern arbeiten. Wir Landwirtinnen und Landwirte brauchen moderne Sorten, angepasste Anbausysteme und größere Handlungsspielräume, vor allem bei der Düngung und im Pflanzenschutz. Denn die Anforderungen an den Pflanzenbau wachsen weiter. Die Folgen des Klimawandels sind auf dem Acker längst spürbar. Extreme Wetterlagen, längere Trockenperioden, aber auch neue Schaderreger und Krankheiten fordern uns jedes Jahr aufs Neue. Hinzu kommen gesellschaftliche Erwartungen, politische Zielvorgaben und der große wirtschaftliche Druck, der auf unseren Betrieben lastet. Der Ackerbau der Zukunft wird komplexer – und wir brauchen die passenden Werkzeuge, um ihn erfolgreich gestalten zu können.
Die Sortenwahl spielt dabei eine zentrale Rolle. Moderne, resiliente Sorten sind ein Schlüsselfaktor, um klimatische Risiken abzumildern. Wir brauchen Sorten, die mit weniger Dünger und Pflanzenschutzmitteln auskommen und trotzdem die Erträge absichern. Deshalb ist es entscheidend, dass die Pflanzenzüchtung vorankommt. Innovationen wie CRISPR/Cas bieten große Chancen für einen nachhaltigen Pflanzenbau, in Deutschland und weltweit. Diese Potenziale dürfen wir nicht aus politischen oder ideologischen Gründen ungenutzt lassen, eine gesellschaftliche Diskussion ist richtig, muss aber ehrlich geführt werden. Dazu zählt, dass die Züchtung neuer und besserer Sorten für die Versorgungssicherheit sehr wichtig ist und auch weiterhin sein wird.
Gleichzeitig brauchen wir zeitgemäße Anbauverfahren, die sich flexibel an unterschiedliche Standortbedingungen und Witterungsverläufe anpassen lassen. Technische Hilfsmittel wie Sensorik und Drohnen, teilflächenspezifische Bewirtschaftung oder konservierende Bodenbearbeitung sind längst in allen Bereichen angekommen. Aber ihre Einführung scheitert zu oft an finanziellen Hürden oder mangelnder Unterstützung. Wer von uns eine nachhaltige Bewirtschaftung verlangt, muss uns auch die Mittel an die Hand geben, sie umzusetzen. Dazu zählt nicht nur die Investitionsmöglichkeit durch den Betrieb, ebenso braucht es eine breite Netzabdeckung und bürokratiearme Anwendung.
Ein besonders kritischer Punkt bleibt der Pflanzenschutz. Die Zahl verfügbarer Wirkstoffe für den Ackerbau sinkt, ohne dass gleichwertige Alternativen zur Verfügung stehen. Wir als Berufsstand haben ein großes Interesse daran, den Mitteleinsatz zu reduzieren und gezielter vorzugehen. Doch das erfordert mehr als Appelle: Es braucht verlässliche Zulassungsverfahren, mehr Forschung an biologischen Verfahren, moderne Technik zur präzisen Ausbringung und vor allem die politische Bereitschaft, praktikable Lösungen zuzulassen. Ein wirksamer Pflanzenschutz ist keine Komfortfrage, sondern eine Grundvoraussetzung für stabile Ernten und wirtschaftliche Sicherheit.
Unsere Betriebe leisten bereits heute einen Balanceakt zwischen Ökonomie, Ökologie und gesellschaftlichen Erwartungen. Viele tun das mit großer Sorgfalt, Offenheit und Innovationsfreude. Aber diese Haltung darf nicht ins Leere laufen. Zukunft entsteht dort, wo Gestaltungsspielräume vorhanden sind. Und genau dafür setzen wir uns als Bauernverband ein. Denn klar ist: Gute Ernten und gesunde Böden, stabile Betriebe und wettbewerbsfähige Strukturen – all das geht nur mit einer Landwirtschaft, die gestalten kann. Nicht mit Rückschritten, sondern mit Fortschritt.
Ihr
Sven Borchert
1. Vizepräsident
Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.

 

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