Grüne Berufe Landwirt

Ausbildung in der Landwirtschaft

Landesbauernverbandstag 2020

Trotz Corona-Pandemie und unter erschwerten Bedingungen für die Verbandsarbeit, fand am 10. Dezember der 32. Landesbauernverbandstag als digitale Konferenz statt – eine Premiere für den Bauernverband. Mit fast 110 Delegierten wurden die erforderlichen Verbandsregularien behandelt und abgestimmt, die Aktivitäten und politischen Erfolge des letzten Jahres ausgewertet und unter anderem eine Satzungsneufassung beschlossen. Als Ausbildungsbetrieb des Jahres 2020 wurde die Agrargenossenschaft „Elbeland“ eG ausgezeichnet und traditionell mit einer Bördekiste und der entsprechenden Urkunde geehrt.

Ein zentraler inhaltlicher Tagesordnungspunkt war die Abstimmung über die politischen Forderungen des Bauernverbandes für die kommende Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni 2021. Die Delegierten aus den 11 Kreisverbänden haben zu verschiedenen Themenfeldern 60 Punkte mit Forderungen verabschiedet, die den Anspruch der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes an die kommende Landesregierung formulieren.

Ein besonderes Augenmerk legte der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. auf seine Einschätzung zum vorliegenden Agrarstrukturgesetz, welches geplant im März 2021 vom Landtag verabschiedet werden soll. Der Gesetzentwurf in seiner aktuellen Form wird abgelehnt, weil die landwirtschaftlichen Unternehmen Sachsen-Anhalts und ihre gewachsenen Strukturen durch die Gesetzgebung in ihren Entwicklungsmöglichkeiten eingeschränkt würden.

 

Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., sagte zum Entwurf des Agrarstrukturgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt:

„Wer das mitträgt, der unterstützt die politisch motivierte Trennung großer und kleiner Landwirtschaft in Gut und Böse. Das ist nicht unser Anspruch. Wir erwarten, dass die Regierungsfraktionen diesen Gesetzentwurf abräumen und vor allem das beschriebene Leitbild und die Ziele des Gesetzes beerdigen.“

 

 

Das Leitbild Landwirtschaft der Regierungskoalition Sachsen-Anhalts wird vom Bauernverband Sachsen-Anhalt und vielen weiteren Verbänden des ländlichen Raumes nicht mitgetragen.

Darüber hinaus ging der Präsident auf die geleistete politische Arbeit des Verbandes ein. Sei es bei der Bewältigung aller Fragen rund um Saisonarbeitskräfte, die komplexe Diskussion und Entscheidungsfindung bei der Bekämpfung von Feldmäusen, die erst durch den Bauernverband möglich wurde, oder die aktuellen Proteste in Richtung LEH. Er machte sehr deutlich, dass man Erfolge nur erreichen kann, wenn man gut organisiert ist.

Trotz des digitalen Formats wurde intensiv und lebhaft diskutiert. Mit Nutzung technischer Möglichkeiten funktioniert die für die Landwirtinnen und Landwirte notwendige Verbandsarbeit – als Ansprechpartner und notfalls Gegenspieler der Landespolitik – auch in Zeiten von Corona.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 11/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Sehr geehrte Verbandsmitglieder, werte Kolleginnen und Kollegen,
in diesem Herbst hat sich die Deutsche Einheit zum dreißigsten Mal gejährt, wir haben in den sogenannten alten und neuen Bundesländern faktisch eine Generation gemeinsam absolviert. Gefeiert und erinnert an die Ereignisse 1989/1990 wurde in diesem Jahr wahrnehmbar weniger und das hat mit an den Gesamtumständen einer medial vorherrschenden Pandemie gelegen. Dies kann aber auch seine Gründe darin haben, dass man die Einheit mittlerweile als Normalität wahrnimmt und nicht mehr so viele Unterschiede auszumachen sind. Alle Bürgerinnen und Bürger, die um die Zeit der Wende und danach geboren sind, haben qua vorhandener Lebensjahre keine direkten persönlichen Erinnerungen an die Phase der Teilung Deutschlands und kennen diese Zeit alleine deshalb aus eigenem Erleben nicht.
Für die Landwirtschaft war die Deutsche Einheit ebenfalls eine Zäsur. War die Struktur der Betriebe schon seit jeher auch kulturhistorisch unterschiedlich, von der Küste bis zu den Alpen, kamen nun landwirtschaftliche Unternehmen in den neuen Ländern hinzu, die in ihrer Größe und Ausrichtung sich deutlich von dem gewohnten Bild abhoben. Klare Fremdarbeitsverfassung und größere Schlageinheiten sind allein visuelle Unterschiede, die zwar nichts Qualitatives aussagen, aber von Berufskollegen aus den alten Bundesländern einfach zu erkennen waren und noch heute zu Diskussionen führen. Dass die Transformation der Landwirtschaft in den neuen Ländern hin zur Marktwirtschaft, und das in kürzester Zeit inklusive eines Wechsels der EU-Agrarpolitik mit den Reformen von 1992, erheblichste Anforderungen an alle Beteiligten auf allen Ebenen stellte, ist dabei selbstredend klar und kann an der Stelle nicht verschwiegen werden. Eine solche Neuausrichtung in dermaßen kurzer Zeit hatte keine Blaupause und gab es in den alten Ländern nicht.
Mit dem Blick voraus in dieser kritischen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Phase unseres Landes, und nichts anderes ist das derzeit, müssen wir uns die Vergangenheit bewusst machen. Die Wendezeit vor 30 Jahren konnte nur gelingen, weil es passende weltpolitische Zeitfenster gab; aber auch Personen, die gemeinsam vor Ort für Freiheit und Veränderung eintraten, ohne unbedingt zu wissen, wie diese sich in der Zukunft genau gestalten werden. Entstanden ist daraus eine andere politische Ordnung, die mit Gewissheit auch nicht immer ideal ist. Etwas besseres als die Demokratie ist jedoch nicht zu bekommen, um das Zusammenleben von Menschen in einem Staat mit all ihren Unterschieden zu organisieren.
Bei der näheren Betrachtung der Landwirtschaft in Deutschland im Heute kann man konstatieren, dass der Prozess des Zusammenwachsens über eine Generation noch nicht vollendet ist. Weiterhin bleiben deutliche Unterschiede bestehen und das gegenseitige Verständnis für die historisch bedingten unterschiedlichen Landwirtschaftsstrukturen ist noch ausbaufähig. Abzubauen sind diese Defizite nur, wenn man sich als Branche in dieser Phase, die nicht von Aufbruch gekennzeichnet ist, selbst zuhört und akzeptiert, dass es nicht die eine Landwirtschaft geben kann. Es geht um die innere Akzeptanz der Vielfalt der Betriebskonzepte, die historisch bedingt differieren müssen. Das Verständnis für die „Einheit in Vielfalt“ muss also noch wachsen.
Ein Fehler der Vergangenheit war sicher, dass wir zu wenig im Blick hatten, dass neben der ökonomisch zweifelsohne notwendigen Optimierung der Einzelunternehmen das Miteinander der kleiner werdenden Anzahl der Betriebe zu organisieren ist. Wollen wir die Zukunft gestalten, dann müssen wir auch in den Blick nehmen, dass in dieser gesellschaftspolitisch kritischen Zeitenphase nicht der Nachbarbetrieb der Hauptkonkurrent sein kann, dafür kommen die Angriffe aus anderen Ecken des Politikbetriebs. Es braucht neue Ansätze der Zusammenarbeit untereinander, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, ohne die Ökonomie zu vernachlässigen. Zu organisieren ist das in allererster Linie über mehr inhaltlichen und persönlichen Austausch von Landwirten, angefangen in Deutschland über Bundesländergrenzen hinweg. Zusätzlich sind die Kenntnisse der Grundlagen von Wirtschaftssystemen sowie politischer Willensbildung in einer Demokratie zu stärken. Das muss in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von landwirtschaftlichen Unternehmern anfangen und ist kein Selbstläufer. Nur Protest ist keine Lösung und Antwort auf Herausforderungen, auch wenn gelegentlich als Ventil für Unzufriedenheit absolut notwendig.
Politische Stärke halten und gewinnen wir als Branche, wenn wir uns nicht weiter ausdifferenzieren und aufsplitten lassen, so schwer das auch fällt und von der Politik gerne befördert wird. Demokratie ist komplex und wer Erfolg für die landwirtschaftliche Branche organisieren will, der muss fachlich und politisch fundiert, langfristig und strategisch sowie betriebsübergeordnet, ohne den Einzelbetrieb an der Basis zu vergessen, diese Aufgabe angehen. Abgeleitet kann das nichts anderes bedeuten, als die vor uns stehenden Aufgaben und Herausforderungen in Gemeinsamkeit und Geschlossenheit klar zu benennen und konzentriert und abgestimmt auf allen Ebenen anzugehen. Dabei ist die Landwirtschaft mehr als nur der einzelne Betrieb, es sind die Familienangehörigen, die Mitarbeiter, die Verpächter, die Menschen im gesamten vor- und nachgelagerten Bereich, die in ihr nicht nur die ökonomische Heimat haben.
Ihr Marcus Rothbart

Blick ins Heft:

Afrikanische Schweinepest kommt nicht zum Stillstand – Landesregierung muss aktiver werden

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) stellt, besonders in Verbindung mit der Corona-Lage, für schweinehaltende Betriebe eine in großen Teilen wirtschaftlich existenzielle Bedrohung dar. Der dramatische Preisverfall der Schlachtpreise und der Ferkel-Notierungen bedeutet für viele Betriebe, dass Sie nicht mehr kostendeckend arbeiten können und ihre Liquidität massiv schwindet. Vonseiten der Landesregierung braucht es in dieser Situation ein deutliches, unterstützendes Bekenntnis zu einer wirtschaftlich tragfähigen Zukunft der Schweineproduktion, die bereits von vielen anderen Baustellen gekennzeichnet ist.

In Vorbereitung auf ein mögliches Auftreten der Afrikanischen Schweinepest haben Tierhalterinnen und Tierhalter in den vergangenen Jahren viel Zeit und Geld investiert, um die ASP unter allen Umständen aus Hausschweinebeständen heraus zu halten. Jedoch führen bereits die ersten ASP-Funde bei Wildschweinen in Deutschland zu großen Liquiditäts-Problemen. Ob sich die ASP bis nach Sachsen-Anhalt ausbreitet und wie sich die Lage für die Sauenhalter und Mäster dann weiter verändert, ist derzeit noch unklar. Umso wichtiger ist es nun, vonseiten der Landespolitik ein klares Statement abzugeben, die Tierhalterinnen und Tierhalter in Sachsen-Anhalt bei den anstehenden Herausforderungen besser zu unterstützen und vor allem den Sektor auch als Teil der regionalen Wertschöpfung anzuerkennen.

Dorit Nyenhuis, Sauenhalterin und Vorsitzende des Fachausschusses Schwein im Bauernverband Sachsen-Anhalt, fordert: „Die Schweinehalter in Sachsen-Anhalt brauchen jetzt ein deutliches Signal der Politik, dass Landwirtschaft, Tierproduktion und Verarbeitung im Land gewünscht sind. Andernfalls wird es der nachfolgenden Generation nicht vermittelbar sein, dass sie weiterhin regional erzeugen. Die Produktion wird dann in anderen Ländern stattfinden. Der Kampf gegen die ASP unter Corona-Bedingungen darf nicht auf dem Rücken der Tierhalter ausgetragen werden.“

Im Falle von sich weiter zuspitzenden Abnahmeschwierigkeiten oder möglichen regionalen Restriktionen zum Tiertransport müssen Politik und Verwaltungen Rahmenbedingungen schaffen, die eine regionale Erzeugung weiter ermöglichen. Die laufende Tierproduktion ist ein Kreislauf, der nicht kurzfristig angehalten werden kann. Zuletzt wurden in Deutschland Corona-bedingt rund 50.000 Schweine weniger pro Woche geschlachtet. Das hatte bereits eine hohe Belastung der Betriebe zur Folge, da die Tiere in den Mastbetrieben weiter versorgt werden müssen und bei Sauenhaltern weiter Ferkel geboren werden. Wenn Strukturbrüche in der Schweineproduktion nicht aktiv verhindert werden, wird sich die regionale Urproduktion tierischer Lebensmittel weiter in das Ausland verlagern. Das hilft niemandem.

 

Hintergrund: Vor einem Monat wurde bei einem Wildschwein in Deutschland erstmals die Afrikanischen Schweinepest bestätigt. Seitdem kommt es wiederholt zu Kadaverfunden von Wildschweinen, inzwischen wurde das Virus bei 69 toten Wildschweinen festgestellt. Die Fundorte erstrecken sich über drei Landkreise in Brandenburg (Spree-Neiße, Oder-Spree und Märkisch Oderland) in denen mittlerweile zwei Kerngebiete eingerichtet wurden. Auch für Ackerbau-, Milchvieh- und Rindermastbetriebe käme es bei einem Ausbruch der ASP zu Einschränkungen. Für Nutzflächen werden im Falle von ASP-Funden Bewirtschaftungs- und Ernteverbote verhängt. Seitens der vom Landkreis beauftragten Behörden muss eine zügige Freigabe der Flächen gewährleistet werden, sobald es die epidemiologische Lage zulässt, d.h. wenn auf den Feldern im Risikogebiet kein Wildschweinkadaver gefunden wird.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 10/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Werte Berufskolleginnen und Kollegen,
vielleicht zu Beginn ein paar aufmunternde Worte, um die nachfolgenden Themen besser verarbeiten zu können. Irgendwie sind wir im täglichen Leben ja alle mehr oder weniger von diesem Coronavirus betroffen. An dieser Stelle lobe ich mir doch das Leben als „Landei“ in einem relativ dünn besiedelten Bundesland, ohne U-Bahn-Gedränge, Parkplatzsuche, Wohnraumknappheit, mit viel Platz zum Leben.
Aber zum Thema Mäuse: Wenn wir Landwirte mal so viele Mäuse auf dem Konto hätten wie auf dem Acker. Hier zeigt sich wieder das volle Ausmaß unserer Bürokratie. Viel zu spät kam aus Sicht der Betroffenen die Nachricht, eine Mäusebekämpfung mit Rodentiziden werde vor November erlaubt. Von der Verkündung an vergingen nochmal drei Tage, bis das dazu nötige Antragsformular vorhanden war. Nach der Anmeldung der Bekämpfung müssen die Landwirte nochmal fünf Tage warten, ob kein Widerspruch gegen die Maßnahme eingelegt wird. Das alles hätte früher geschehen müssen, denn das Thema hat sich, wie auch die Feldmausbestände, über Monate aufgebaut. Erst zu handeln, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, darf einfach nicht die Lösung sein. Es ist bezeichnend für den Druck durch die Feldmausproblematik in der Landwirtschaft, wenn man beobachtet hat, dass das Thema unter den Landwirten in den betroffenen Regionen für mehr Aufregung als die Trockenheit gesorgt hat. Den Landwirt und sein Arbeiten immer weiter zu regulieren und ihm Auflagen aufzuerlegen, wie hier bei der Nager-Bekämpfung, wird die heimische Landwirtschaft nur schädigen.
Damit meine ich eine Landwirtschaft, die in der Lage ist, die heimische Bevölkerung zu ernähren. Davon sind wir immer weiter entfernt. Diese ganzen steuersubventionierten und nicht vom Markt getragenen Ökoexperimente sind meiner Ansicht nach naiv und gefährlich für das Klima sowie den sozialen Frieden in der Welt. Wer als Landwirt seine ökonomische Nische im Ökologischen gefunden hat, hat meinen größten Respekt. Ich selbst habe als Kind und Jugendlicher mein Öko-Soll in der Landwirtschaft erfüllt. Wenn unsere Gesellschaft aber eine Landwirtschaft fernab von Lebensmittelsicherheit und Stabilität möchte, wenn sich dem Öko-Gedanken alles andere unterordnen soll, muss das auch an der Kasse 1 zu 1 bezahlt werden.
Und dieses Geld muss beim Landwirt ankommen!
Luisa Neubauer, Deutschlandsprecherin von Fridays for Future, postet ihre weltweiten, privaten Urlaubstrips, sie verbläst dabei Unmengen an CO² und lässt sich dann als Umweltschützerin feiern. Glaubwürdigkeit sieht anders aus. Umweltschutz bedeutet in erster Linie Konsumverzicht, etwa bei Textilien, Handys, Urlaubsreisen und auch Einschränkung in der Ernährung aus tierischen Produkten. Doch 80 % der Weltbevölkerung wollen erst einmal das Niveau unseres jetzigen Lebensstandards erreichen. Wer bringt diesen Menschen bei, dass Konsumverzicht praktiziert werden muss? Dabei schätze ich es so ein, dass für alle Menschen in der Welt genügend Essen und auch genügend Geld vorhanden ist. Es ist eine Frage der Verteilung – und der Bildung. Nur gebildete Menschen sind in der Lage, ihre Regionen aufzubauen und die jeweilige Entwicklung zu steuern. Es ist der vollkommen falsche Weg, wenn im Rahmen der aktuellen Flüchtlingspolitik Fachkräften in Deutschland dauerhaftes Bleiberecht gewährt wird und die sogenannten Leistungsträger in ihrer Heimat zum Aufbau fehlen. Fachkräfte sollten hier ausgebildet werden und anschließend in ihren Heimatländern für Wohlstand und eine bessere Zukunft sorgen. Alles andere spaltet die Gesellschaft in Europa. Es sind unsere Waffenexporte, die für Flüchtlingsströme sorgen. Dabei ist das, was wir als Gesellschaft exportieren müssen, Bildung!
Mit Blick in die Zukunft muss auch der Bauernverband sich weiterentwickeln. Für mich spiegelt sich das in der Faktenlage wider: In keinem Wirtschaftszweig gibt es eine so hohe durchschnittliche Jahres-Arbeitsstunden-Belastung mit so geringem Verdienst. Für manche Betriebe sind jährliche Einkommensverluste schon fast normal geworden. Die Erzeugerpreise stagnieren seit Jahrzehnten, die gesellschaftliche Anerkennung unserer Arbeit sinkt und Auflagen und Verbote nehmen zu. Selbst in den Anfängen der Corona-Krise fehlte die Anerkennung der landwirtschaftlichen Urproduktion als systemrelevant! Der öffentliche Dienst setzt alle Jahre wieder Lohnerhöhungen durch, das ist eigentlich ein Ziel, was wir versuchen müssten zu erreichen.
Um die ganz dicken Bretter bohren zu können, müssen wir als gesamte Branche aber deutlich kampagnenstärker werden. Im letzten Jahr hatten viele Landwirte gezeigt, dass sie unabhängig von Zugehörigkeiten motiviert und auch mobilisiert werden können. Das müssen wir in Zukunft mehr nutzen. Wir müssen in der öffentlichen Wahrnehmung mehr Druck aufbauen, um unsere Interessen durchzusetzen. Die Gegner einer modernen und damit zeitgemäßen Landwirtschaft tun das bereits. Nur ein Beispiel: Im Rahmen der unsäglichen Düngeverordnung, die leider mit sehr knapper Mehrheit von 35 zu 34 Stimmen durchgesetzt wurde, konnte zumindest in Sachsen-Anhalt an nicht einer Messstelle mit erhöhten Nitratwerten bewiesen werden, dass die aktuelle landwirtschaftliche Düngepraxis Verursacher der erhöhten Messwerte ist. Solche Punkte müssen wir immer wieder bringen, bis es auch alle verstanden haben.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Trautmann

Blick ins Heft:

Erster ASP-Fund bei einem Wildschwein in Brandenburg

Am 10. September wurde durch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bekanntgegeben, dass bei einem toten Wildschwein in Brandenburg die Afrikanische Schweinepest (ASP) nachgewiesen wurde.

Die tierhaltenden Betriebe in Sachsen-Anhalt haben in den vergangenen Jahren ihre Maßnahmen hinsichtlich der Biosicherheit immer weiter ausgebaut, etwa die Umzäunung der Ställe und die Anpassung der jeweiligen Hygiene-Konzepte. In den Kreisen haben sich die Schweinehalter, Kreisbauernverbände und Ämter abgestimmt und Informationsketten aufgebaut, um koordinierte Maßnahmen zu treffen, sollten in der Zukunft in Sachsen-Anhalt Wildschweine gefunden werden, die nachweislich ASP-positiv sind. Damit die ASP sich nicht weiter ausbreitet, sind neben den schweinehaltenden Betrieben auch Politik und Verwaltung mit gefordert, die vorhandenen Schutzkonzepte zu prüfen und nötigenfalls anzupassen. Auch sollte nun dringend der vonseiten der Tierhalter geforderte, dauerhafte Zaun an der polnischen Grenze eingerichtet werden und weiterhin eine konsequente Bejagung von Schwarzwild stattfinden.

Zwei Aspekte hinsichtlich der ASP müssen deutlich betont werden: Die Afrikanische Schweinepest ist für den Menschen nicht ansteckend und der Verzehr von Schweinefleisch ist auch weiterhin ungefährlich. Da das Virus sich über Fleischprodukte wie an Raststätten weggeworfene Wurstbrote verteilen kann, sollten keine Essensreste mit tierischen Produkten in der Natur weggeworfen werden.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 09/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Sehr geehrte Verbandsmitglieder, werte Kolleginnen und Kollegen,
das vor Ihnen liegende Titelbild wird erstaunen – es ist nicht aus Sachsen-Anhalt, sondern aus einem der von der Wanderheuschreckenplage bedrohten Gebiete in Ostafrika. Diese seit Anfang des Jahres medial thematisierte Heuschreckenplage, zwischenzeitlich von Corona so gut wie aus der Wahrnehmung verdrängt, nimmt sogenannte biblische Ausmaße an, vernichtet umfangreich Ernten, die Wirtschaftsgrundlagen von Bauern und bedroht die gesamte Ernährungslage vor Ort. Während bei uns in Deutschland die mögliche zweite Corona-Welle auf und ab diskutiert wird, sterben in Afrika Menschen an Hunger, weil Insekten großflächig Ernten vernichten. Eine Situation, die man sich nicht vorstellen kann in unserem Wohlstandsland der immer gefüllten Regale, in dem man zu jeder Zeit alles kaufen kann, so man dazu die finanziellen Möglichkeiten hat.
Wie aber bekämpft man dieses Naturphänomen in Afrika nun und was machen verschiedene politische Akteure? UNICEF hat sich dazu erst in diesen Tagen geäußert. „Um gegen die Heuschrecken-Plage vorzugehen, ist die Bekämpfung der Heuschrecken und ihrer Larven mit Insektiziden aus der Luft das einzig wirksame Mittel. Die Auswirkungen von Covid-19 machen sich jedoch auch bei der Bekämpfung bemerkbar: Es gibt Schwierigkeiten bei den Lieferketten für Insektizide und Pestizide und auch der Einsatz von Hilfskräften stockt. Die Regierungen und verschiedene Hilfsorganisationen wie die Welternährungsorganisation und UNICEF tun alles in ihrer Macht stehende, um eine Nahrungskatastrophe abzuwenden. Sowohl um die Ausbreitung der Heuschreckenschwärme zu stoppen als auch zur Unterstützung der Lebensgrundlagen der Menschen sind dringend finanzielle Mittel erforderlich.“
In einem Interview auf T-Online vom Mai 2020 mit Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller unter dem Titel „Es droht eine dramatische Hungerkrise“ erklärte dieser: „In Ostafrika ist Corona nicht die einzige Krise. Neben Kriegen und jahrelangen Dürren plagen Abermillionen Heuschrecken die Region. Es droht eine verheerende Hungersnot“. Auf die Nachfrage nach den Heuschrecken antwortete er „Leider ist das so. Im Schatten der Coronakrise droht die Heuschreckenplage zum jahrelangen Problem zu werden. Es können kaum Personal und Material zur Bekämpfung eingesetzt werden und schon bald sind nicht mehr ausreichend Insektizide vorhanden. In den kommenden Wochen entscheidet auch das Wetter maßgeblich mit. Das feuchte Wetter in der Regenzeit schafft gute Brutbedingungen und die Heuschrecken verbreiten sich durch den starken Wind viel leichter.“
Warum ich diese beiden Textstellen zitiere werden Sie sich fragen: Es war nicht einfach, klare Aussagen für den Einsatz von Insektiziden zur Erntesicherung zu finden. Es wird stets von Bekämpfung gesprochen, aber das Wort der Insektizide nimmt man kaum in den Mund, es ist quasi kaum per Google zu finden. Nur was soll denn gegen ein solches massenhaftes Auftreten von Schädlingen helfen, wenn nicht Insektizide? Warum kann man nicht durchgängig klar formulieren, was es nun dringend braucht? Auf die Aussage von Regierungsvertretern, wir würden hier vor Ort in Deutschland im Falle des Falles und auch zur normalen Behandlung von Ernteschädlingen Insektizide brauchen, darauf werden wir lange warten können. Es hat sich mittlerweile ein dogmatischer Sprachgebrauch festgesetzt, der es schwer macht, Aufgabenfelder im Agrarbereich umfassend, ehrlich und wissenschaftlich zu beraten und vor allem intensiv und fair zu diskutieren.
Während also in Afrika Heuschrecken Ernten vernichten, hat das BMU auf 32 Seiten den Referentenentwurf zum Entwurf eines „Gesetzes zum Schutz der Insektenvielfalt in Deutschland“ vorgelegt, der Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz und des Wasserhaushaltsgesetzes vorsieht. Wer sich erinnert: Die Proteste von Landwirten im letzten Herbst/Winter lagen auch darin begründet, dass das Aktionsprogramm Insektenschutz auf dem Tisch lag. Es wird kaum einen Landwirt geben, der etwas gegen nützliche Insekten hat und nicht verstanden hat, dass wir diese brauchen. Zudem steht vor dem Einsatz von Insektiziden gegen Schadinsekten auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ein umfangreiches behördliches Genehmigungsverfahren mit entsprechenden Anwendungsbestimmungen in der Praxis.
Nicht erstaunlich ist, dass im Referentenentwurf pauschal und undifferenziert von Pflanzenschutzmitteln gesprochen wird. Hätte man zum Schutz von Insekten auf den Einsatz von Insektiziden abgestellt, dann wäre das ein zu verstehender Ansatz. Die Vereinfachung mag daran liegen, dass man nun jahrelang verbreitet hat, dass ein Totalherbizid Tiere vernichtet. Zurück und Fehlerkorrektur wird in dem Haus eher schwierig sein, da ist die politische Linie dagegen. Die weiteren Details werden nun im Gesetzgebungsverfahren geklärt und der Berufsstand bringt sich entsprechend ein. Was kaum beachtet wird: jedem Gesetzentwurf liegt auch eine Kalkulation der Kosten der Umsetzung für Verwaltung, für Wirtschaft und für Bürgerinnen und Bürger zugrunde, der sogenannte Erfüllungsaufwand. Es sind diese finanziellen Positionen in Gesetzentwürfen, die viel zu wenig beachtet werden und angewendet auf den vorliegenden Referentenentwurf sind die eigenen Definitionen und Vorgaben der Bundesregierung nicht vollständig umgesetzt. Es ist also mehr als dringend geboten, dass sich zuständige Ministerien ehrlich machen und die wahren Kosten auch der Wirtschaft kalkulieren, anstatt schematisch zu vereinfachen, um gewollte Themen einfach durchzuboxen. Wer es ehrlich meint, wird das machen.
Ihr Marcus Rothbart

Blick ins Heft:

Konferenz der EU-Agrarminister in Koblenz

Zu einer informellen Ministerratssitzung trifft sich vom 30.08.2020 bis zum 01.09.2020 der EU-Agrarministerrat in Koblenz. Thematisch wird es neben der weiteren Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik um die Lehren aus der Corona-Krise und um die Widerstandsfähigkeit des Sektors gehen. Der Deutsche Bauernverband hat für den EU-Agrarministerrat sieben Kernanliegen formuliert. In diesen wird unter anderem gefordert, bei der politischen Entscheidungsfindung im Rahmen von Green Deal und der Farm-to-Fork Strategie dringend die Ernährungssicherheit innerhalb Europas zu berücksichtigen, welche für viele Menschen durch Corona wieder ins Gedächtnis gerufen wurde. Weitere Kernanliegen sind: Auch in Zukunft müssen die Möglichkeiten eines fachgerechten Pflanzenschutzes und einer bedarfsgerechten Düngung bestehen, um Ernten und damit sowohl die Versorgung mit Lebensmitteln als auch das wirtschaftliche Überleben der Landwirte zu schützen.

Die sieben Kernanliegen des Deutschen Bauernverbandes zum Agrarministerrat in Koblenz finden Sie hier. Über die Social-Media-Kanäle der Landesbauernverbände und des Deutschen Bauernverbandes werden bereits jetzt und in den kommenden Tagen vermehrt Statements der Bauernverbände zu dem Treffen der EU-Agrarminister veröffentlicht.

Unsere Social-Media-Kanäle finden Sie unter:

https://www.facebook.com/Bauernverband-Sachsen-Anhalt-eV-166330966721038

https://www.instagram.com/machtlaune/

Ernte 2020: Besser als befürchtet, aber deutlich unter dem Durchschnitt

Die Getreideernte in Sachsen-Anhalt ist abgeschlossen. Deutliche Unterschiede gab es diese Saison innerhalb der Druschkulturen hinsichtlich des Ertrages. Im Vergleich zum Vorjahr konnte sich der Winterweizen um rund 10 Prozent verbessern, auf 65,7 dt/ha statt 60,7 dt/ha – jedoch mit großen regionalen Schwankungen von minus 20 bis plus 25 Prozent. Damit bleibt der Winterweizen, für die meisten Betriebe die wichtigste Kultur, deutlich unter dem langjährigen Mittel von 76,5 dt/ha. Bei guten Erträgen liegen die Eiweißgehalte oft unter den für Qualitätsweizen notwendigen Werten.

Ähnlich starke Schwankungen hatten die Bauern bei den Beständen der Wintergerste. Frostschäden und die Trockenheit haben zu einer geringeren Ernte als 2019 geführt, 58,9 dt/ha statt 64,8 dt/ha im Landesdurchschnitt. Das ist ein Rückgang von ca. fast 10 Prozent und fast 20 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Ein Teil der Wintergerste wurde vorab zudem im grünen Zustand gehäckselt, um Futter für die Viehbestände zu haben. Der Winterroggenertrag liegt mit 45 dt/ha leicht über dem Ertrag von 2019. Aus der Praxis berichten die Landwirte über bisher nicht gekannte Ertragsschwankungen innerhalb der Kulturen. Dabei hatten Sorte, Boden, Frost und Niederschläge großen Einfluss.

Der Winterraps hat dieses Jahr deutlich bessere Ölgehalte als im Vorjahr – 41 bis 44 Prozent – und konnte sich im Ertrag gegenüber 2019 um 10 Prozent auf durchschnittlich 32,9 dt/ha steigern. Auch hier waren die regionalen und zum Teil lokalen Unterschiede stark ausgeprägt, minus 25 bis plus 20 Prozent Ertragsdifferenz im Vergleich zum Vorjahr. Wie schon 2019 rückt der Rapserdfloh immer weiter in den Fokus der Landwirte und sorgt für Schwierigkeiten. Ein großes Problem ist die sich massiv ausbreitende Feldmauspopulation. Inzwischen sind ca. 100.000 ha stark bis sehr stark befallen, das ist ein Zwölftel der landwirtschaftlichen Nutzfläche Sachsen-Anhalts. Die Pflanzenbestände auf den Äckern wurden teilweise zu 50 Prozent abgefressen.

Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., sieht bei der Ernte insgesamt eine leichte Verbesserung gegenüber den Vorjahren: „Der größere Teil der Betriebe im Land konnte 2020 eine bessere Getreideernte als 2018 und 2019 einfahren. Manche Regionen sind aber noch stärker als im Vorjahr von der anhaltenden Dürre betroffen, besonders im Vorharz und in Teilen Anhalts. Von einer Entspannung der Lage können wir leider nicht sprechen, da die Erträge teils deutlich unter denen normaler Jahre liegen, die Böden bis in die unteren Bodenschichten ausgetrocknet sind und zudem die Futtersituation weiter angespannt ist. Zuckerrüben, Kartoffeln und der Mais hatten sich erst noch gut entwickelt, leiden nun aber regional unter Trockenstress. Das trifft auch auf das Grünland zu. Die Landwirte Sachsen-Anhalts hoffen nun, dass die noch wachsenden Kulturen bald ergiebigen Regen bekommen und es sich temperaturmäßig etwas abkühlt.“

 

Hintergrund zu Feldmausschäden: Die durch Feldmäuse angerichteten Schäden richten sich nach dem Grad des Befalls und der Art der geschädigten Kultur. Auch befallene Flächen, die nicht komplett durch Feldmaus-Fraß vernichtet werden, bedeuten massive Verluste für Landwirte. Folgende vereinfachte Rechnung soll dies verdeutlichen, die Werte sind gerundet: Bringt eine Ackerfläche mit Winterweizen normalerweise 6 Tonnen Ertrag je Hektar, wird dieser bei einem Feldmaus-Schaden von 50 Prozent auf 3 Tonnen dezimiert. Bei einem Erzeugerpreis von 170 €/Tonne entstehen Einnahmeverluste von ca. 500 €/Hektar. Bei einer betroffenen Ackerfläche von 100 Hektar Winterweizen ergeben sich daraus Schäden von ca. 50.000 Euro.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 08/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Werte Verbandsmitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein Thema, das uns in Sachsen-Anhalt jedes Jahr von neuem beschäftigt, ist die Problematik der Feldmäuse. Wir sehen an der Populationsentwicklung, dass die aktuell zugestandenen Möglichkeiten nicht für eine wirksame Bekämpfung ausreichen. Durch Bestandskontrollen vor der Ernte und während des Erntebeginns wurde deutlich, dass besonders im Süden von Sachsen-Anhalt, in Teilen von Anhalt und in der Börde eine Massengradation von Feldmäusen eingetreten ist. Die Situation entspricht den Jahren 2012 und 2015, in denen durch Feldmausplagen die Ernten großflächig vernichtet wurden. Das wird nicht nur von uns Praktikern berichtet, dies bestätigen auch die Erhebungen des amtlichen Pflanzenschutzdienstes, die aktuell von einer Befallsfläche von ca. 50.000 ha ausgehen.
Eine Bekämpfung von Feldmäusen durch intensivere Bodenbearbeitung, Feldhygiene an den Ackerrändern und die Sitzhilfen für Greifvögel wird allein nicht ausreichen, die Massengradation zu stoppen. Zu Recht befürchten die betroffenen Landwirte starken Befall in den auflaufenden Kulturen durch Feldmausfraß und entsprechende Schäden in den jungen Pflanzenbeständen.
Aus diesem Grund habe ich mich in einem Schreiben an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gewandt sowie an Friedel Cramer, Präsident des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Um den betroffenen Landwirten die Möglichkeit zum Schutz der Herbstsaaten zu geben, fordern wir entsprechende Änderungen der Anwendungsbestimmungen, damit ab September auch in Gebieten mit einem potenziellen Feldhamstervorkommen die faktisch vorhandenen Feldmäuse verdeckt mit Rodentiziden bekämpft werden können. Das BVL und auch das Julius-Kühn-Institut hatten in der Vergangenheit bestätigt, dass keine negativen Vorkommnisse auf Feldhamster bei sachgerechter und verdeckter Ausbringung von Rodentiziden aufgezeigt werden können. Im vergangenen Jahr konnten wir nach intensiver Beratung mit dem BVL erreichen, dass zumindest von 1. November bis 1. März auf Flächen mit potenziellen Feldhamstervorkommen die verdeckte Bekämpfung möglich ist. Darüber hinaus fordern wir für die Auflagen für Vogelzug-, Rast- und Nistplätze klare Benennungen der Vogelarten (Gänsevögel und Kraniche).
Eine zeitnahe Entscheidung durch die Zulassungsbehörden ist erforderlich, damit wir Landwirte vor der Herbstaussaat Informationen zu den Behandlungsmöglichkeiten bekommen. Eine fehlende Möglichkeit der Feldmausbekämpfung hat auch Einfluss auf die Anbauentscheidung, da das Anbaurisiko steigt. Der Winterraps ist eine wichtige Kultur in der Fruchtfolge der meisten Betriebe, kann jedoch der fehlenden, praxisgerechten Feldmausbekämpfung zum Opfer fallen. In den vergangenen Jahren hatte bereits das Verbot verschiedener Beizmittel zu einem starken Rückgang der Anbaufläche von Winterraps geführt. Keinem kann daran gelegen sein, diese Entwicklung weiter zu begünstigen. Ab Mitte August beginnen wir mit der Aussaat der Herbstkulturen für das Erntejahr 2021. Bis dahin brauchen wir eine Lösung und bis wir Lösungen haben, werden wir dieses Thema weiter bearbeiten müssen.
Das machen wir bei allen Themen, auch abseits der Feldmäuse, und mir ist bewusst, dass viel von der Arbeit, die Ehrenamt und Hauptamt hier leisten, nicht immer von allen Landwirten gesehen wird. Ich meine aber, dass wir da durchaus Vertrauen in unsere Bauernverbände haben dürfen, von der Kreis- bis hin zur europäischen Ebene.
Es hat sich schließlich immer wieder gezeigt, dass wir als Verband auch dicken Bretter bohren können. Das benötigt viel Zeit und Sacharbeit, die nun mal von außen nicht immer sichtbar ist. Leider werden immer wieder aus berufsständischer Sicht nicht-praxistaugliche oder gänzlich unsinnige Verordnungen oder Gesetze beschlossen. Es gehört auch dazu zu sagen, dass wir das nicht verhindern können. Was wir aber können, ist mit Beharrlichkeit immer wieder daran zu arbeiten, dass das Ergebnis am Ende mit einer modernen Landwirtschaft vereinbar ist.
Und wie wichtig für uns und unseren Berufsstand genau dieses langfristige Verfolgen von Zielen ist, sehen wir, wenn wir nach Brüssel schauen. Der Ende Juli festgelegte Mehrjährige Finanzrahmen ist aus unserer Sicht sicher nicht perfekt. Kritisch bleibt unter anderem die Tatsache, dass Mitgliedsstaaten unabhängig voneinander Sonderwege gehen können, die zu innereuropäischen Verzerrungen führen. Aber: Dass das eingeplante Budget für den Haushaltstitel „Natürliche Ressourcen und Umwelt“, wozu auch die Gemeinsame Agrarpolitik zählt, trotz Brexit und Corona gegenüber dem Kommissionsvorschlag aus dem Mai 2020 praktisch unverändert geblieben ist, ist kein „Wunder“ oder ein Zufall. Seit Monaten hat die berufsständische Vertretung, haben die europäischen Bauernverbände, immer wieder Argumente und Fakten dafür gebracht.
Für die weitere Ausgestaltung der GAP wird es darauf ankommen, wirtschaftlich vernünftige Lösungen im Sinne der Betriebe zu finden, die umsetzbar sind und weiterhin eine produktive Landwirtschaft ermöglichen. Auch dabei werden wir die Entscheidungen begleiten und uns einbringen.
Ihr
Olaf Feuerborn

Blick ins Heft: