Umweltschutz ist ohne Verbotsflut möglich

Am 10. Februar 2021 wurden durch das Bundeskabinett die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (ursprünglich: Gesetz zum Schutz der Insektenvielfalt in Deutschland) und die Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung auf den Weg gebracht. Bereits seit dem ersten Bekanntwerden hatten sich Landwirtinnen und Landwirte und deren Berufsverbände gegen dieses sogenannte „Insektenschutzpaket“ der Bundesregierung ausgesprochen.

Ein maßgeblicher Grund dafür ist, dass das Insektenschutzpaket eine Abkehr von Kooperation zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft bedeutet. Stattdessen will die Bundesregierung neue Vorschriften durchsetzen, die über die EU-weit geltenden Regeln hinausgehen. Teilweise sollen freiwillige Umweltleistungen, für die Landwirtinnen und Landwirte aktuell einen Ausgleich bekommen, zukünftig zum Standard erklärt werden. Diese Maßnahmen sind dann nicht länger förderfähig, sondern müssen allgemein umgesetzt werden. Dabei wird nicht berücksichtigt, ob damit tatsächlich ein Mehrwert für Flora und Fauna erreicht wird.

Pauschale Verbote, beispielsweise von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln, hatten in der Vergangenheit dazu geführt, dass etwa die Anbaufläche von Raps deutlich zurückgegangen ist. Durch eine politische Verengung der Kulturpflanzen-Vielfalt, mit denen die Betriebe auch Geld verdienen können, würden insbesondere Obst- und Gemüsebauern benachteiligt. Die bundesweite Nachfrage kann in solchen Fällen dennoch bedient werden – von Landwirten aus dem Ausland, bei denen die allgemein in der EU geltenden Vorgaben greifen. Damit würde die Landwirtschaft vor Ort künstlich geschwächt, ohne grenzübergreifend etwas zu erreichen.

Ein Ausbau der Umweltleistungen von Landwirtinnen und Landwirten ist möglich, wenn Vorhaben kooperativ und gezielt umgesetzt werden. Maßnahmen wie mehrjährige Blühstreifen können eine Verdopplung oder gar Verdreifachung der Artenvielfalt auf den Flächen bewirken, ohne die gesamte Ackerfläche mit pauschalen Verboten zu überziehen. Dass das nicht nur graue Theorie ist, wird unter anderem in zehn Beispielbetrieben deutschlandweit erprobt. Einer dieser Betriebe ist in Sachsen-Anhalt. In der Zwischenbilanz des Verbundprojektes F.R.A.N.Z. (Für Ressourcen, Agrarwirtschaft & Naturschutz mit Zukunft) wird unter anderem beschrieben, dass besonders die Bürokratie auf EU- und Bundesebene abgebaut werden muss. Etwa wird eine Flexibilisierung hinsichtlich genauer Terminvorgaben empfohlen, wodurch sich Landwirtinnen und Landwirte an die bei ihnen vorkommenden, natürlichen Begebenheiten anpassen können. Auch klar formulierte, jederzeit aktuelle Informationen zu Förderungen und transparente Erklärungen der ökologischen Ziele von Maßnahmen sind unverzichtbar, wenn Landwirtinnen und Landwirte aktiver eingebunden werden sollen.

Grundsätzlich können bundesweit wirksame Vorhaben zum Ausbau der Artenvielfalt von Flora und Fauna nur gelingen, wenn landwirtschaftlichen Betrieben wirtschaftliche Anreize geboten werden. Jährlich strengere und nicht entlohnte Vorgaben, teils ohne klare Zielsetzung, werden weder erfolgreich sein noch Akzeptanz finden. Abzulehnen ist ein Missbrauch der europäischen Agrarzahlungen für partielle politische Vorhaben. Darüber hinaus muss politisch deutlich ehrlicher mit der Datenlagen zum vielzitierten Rückgang von Insekten und Wildpflanzen umgegangen werden. Die Umwelteinflüsse von Verkehr, Zersiedelung, Lichtverschmutzung und weiteren Faktoren sind nicht ausreichend erforscht, um immer pauschal auf die Landwirtschaft abzustellen.

 

Hintergrund: Das Verbundprojekt F.R.A.N.Z. steht unter der Schirmherrschaft der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, und nukleare Sicherheit, Frau Svenja Schulze, und der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Frau Julia Klöckner. Das Projekt der Umweltstiftung Michael Otto und des Deutschen Bauernverbandes e.V. wird durch das Johann Heinrich von Thünen-Institut, den Naturschutzbund Deutschland e.V. und die Georg-August-Universität Göttingen wissenschaftlich begleitet.