Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 11/2023
/in Agrarpolitik / Verbandsarbeit, Verbandsnachrichten/von Erik HechtWerte Mitglieder, werte Landwirtinnen und Landwirte,
im kommenden Juni werden wir in Sachsen-Anhalt Kommunal- und Europawahlen abhalten. Die Vorbereitungen in den Parteien laufen schon länger an, seien es die Wahlprogramme für die Europawahl oder das Qualifizieren von Kandidaten für die Kommunalwahlen. Beide Wahlen sind für unsere Branche von Relevanz.
Bei den Kommunalwahlen wird es für die Landwirtschaft darauf ankommen, dass Kandidaten vielfältig und parteiübergreifend in die Gremien kommen, die die Sichtweisen der Landwirtschaft und der weiteren Wirtschaftspartner mitbringen und als Multiplikatoren dienen können. Inhaltlich können wir als Verband nicht zu viel beitragen. Es handelt sich um gelebte Politik von Menschen vor Ort, die von den Themen vor Ort bestimmt wird. Im Nachgang ist eher vorzusehen, dass wir den gewählten Vertretern, die eine Nähe zum Verband aufweisen, persönliche und inhaltliche Qualifizierungsmöglichkeiten mit an die Hand geben.
Für die Europawahl sieht das schon differenzierter aus. Auf die Kandidaten der Parteien haben wir keinen Einfluss und im Nachgang werden wir auch weiterhin eine sehr überschaubare Auswahl an Abgeordneten haben, die für Sachsen-Anhalt aktiv sein werden. Ansetzen werden wir frühzeitiger auch über die Ebene des DBV, indem wir unsere berufsständischen Forderungen an die Parteien übermitteln und diese idealerweise in Wahlprogrammen Widerhall finden. In dieser Phase befinden wir uns derzeit und werden auch auf dem Bauernverbandstag in Staßfurt hierzu unsere Forderungen aufstellen. Für den Mai 2024 sehen wir eine Präsidiumssitzung und einen Polittalk vor, der sich den Wahlen widmen wird.
Mit dem Blick auf Europa wird entscheidend sein, dass es eine vernünftige Wahlbeteiligung braucht, Wahlprogramme gelesen werden und Wahlentscheidungen getroffen werden, die nicht lediglich von Protest geprägt sind. Das Parteienspektrum und die Vielfalt im Europäischen Parlament sind deutlich umfangreicher und ebenso die Koalitionsmöglichkeiten.
Was in diesen weltpolitisch und wirtschaftlich teilweise aufgewühlten und hektischen Zeiten nicht vernachlässigt werden darf, ist dass wir auch in Deutschland auf eine funktionsfähige EU angewiesen sind. Bei aller Kritik an der EU und ihren Institutionen, und davon hat die landwirtschaftliche Branche mehr als genug, darf nicht vergessen werden, dass sich die Weltpolitik derzeit neu sortiert. Um den Angriffen auf unser freiheitliches Modell in Europa zu trotzen, braucht es starke Institutionen, jedoch auch den Rückhalt der Bevölkerung für diese. Das europäische Friedensprojekt der 1990iger Jahre mit den ersten Aufnahmen osteuropäischer Staaten ist kein Selbstläufer mehr, sondern man muss um die Freiheit täglich kämpfen.
Um diesen Rückhalt zu bekommen, müssen sich auch die europäischen Einrichtungen über ihre künftige politische Ausrichtung sehr viel mehr Gedanken machen. Der Eindruck, dem man sich so manches Mal nicht erwehren kann, ist der, dass immer mehr aus Brüssel in die Staaten hineinreguliert wird. Das war weder das ursprüngliche Ansinnen, noch kommt das bei den meisten Bürgern gut an, sondern sorgt für Verdruss, Frustration und schwierige Wahlentscheidungen. Die große Linie muss künftig wieder sein, dass man den Bürgern etwas zutraut. Mehr Regulatorik wird nicht zu mehr Europabegeisterung führen. Mit permanenten Zumutungen schaffen wir keine Perspektiven für die über 500 Millionen Bürger vom Nordkap bis Sizilien.
Mit dem Blick auf die Jahre seit der letzten Europawahl und dem Beginn der Amtszeit der EU-Kommission am 01.12.2019, muss man konstatieren, dass weder Corona, der Krieg in der Ukraine noch die Wiederkehr der Zinsen am Kapitalmarkt in der Form vorhersehbar waren. Das waren Herausforderungen, denen sich das Instrument des Green Deal, der die umspannende politische Klammer sein sollte, in seiner Entstehungsgeschichte nicht widmen musste. Im Kommentar aus dem Januar 2020 verwies ich auf die Notwendigkeit, dass die Bürger bei diesem Instrument auch wirtschaftlich mitgenommen werden müssen. In Ansicht der multiplen Krisen konnte man das Gefühl nicht durchgängig mitnehmen. Wenn es einer Kurskorrektur bedarf, dann bei diesem Instrument künftig in der Form, als dass mit Klima- und Umweltschutz unter Wahrung von vollumfänglichen Eigentumsrechten wirtschaftliche Aktivität zu entfalten ist. Das gilt insbesondere für die landwirtschaftliche Branche, die mit SUR, NRL und Green Finance in den letzten Jahren Instrumente vorgesetzt bekommen sollte, die das diametrale Gegenteil sind. Klimaschutzargumente haben das nicht gerechtfertigt, sondern die Fraktion der Einschränkung hatte die Oberhand. Ein politischer Kurswechsel ist in Zukunft nötig, wir haben in Europa zu viele strategische Herausforderungen. Jeder Wahlberechtigte hat deshalb die Möglichkeit und Verpflichtung seinen Beitrag zu leisten.
Ihr Marcus Rothbart
Hauptgeschäftsführer des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.
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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 10/2023
/in Agrarpolitik / Verbandsarbeit, Tierhaltung, Verbandsnachrichten/von Erik HechtLiebe Leserinnen und Leser,
bei dem Begriff „Landwirtschaft“ denken die meisten an den Ackerbau. Nicht weniger wichtig für die Landwirtschaft ist aber die zweite Säule, die Tierhaltung. Die Zahl der Tierhalter hierzulande wird jedoch kontinuierlich geringer. Dieser Trend ist nicht nur für die Landwirtschaft eine schlechte Nachricht, sondern für alle Menschen in Sachsen-Anhalt, denn es macht uns gesellschaftlich, ökologisch und kulturell ärmer.
Rinder und Schafe sind Landschaftspfleger. Ihre Rolle in der Kulturlandschaft kann nicht überbewertet werden. In Sachsen-Anhalt tragen sie maßgeblich zur Erhaltung und Gestaltung unserer einzigartigen Kulturlandschaften bei. Sie halten nicht nur Wiesen und Weiden kurz, sondern sie verhindern auch das Zuwuchern von Flächen mit unerwünschter Vegetation. Diese Bewirtschaftung trägt dazu bei, dass unsere Landschaften so aussehen, wie wir sie kennen und schätzen - gepflegt und offen.
Währenddessen verwerten die Tiere Pflanzen, die nicht für die menschliche Ernährung geeignet sind. Viele Teile von Pflanzen, die für den Menschen nicht direkt nutzbar sind, können von Tieren verwertet werden. Durch die Verfütterung an Rinder und Schweine können beispielsweise Nebenerzeugnisse aus der Pflanzenöl-Produktion genutzt werden. Dies trägt zur Effizienz der Landwirtschaft bei, da diese Tiere pflanzliche Materialien in wertvolle tierische Produkte wie Fleisch und Milch umwandeln. Darüber hinaus spielen die Tiere eine wichtige Rolle in der Kreislaufwirtschaft. Sie produzieren natürlichen Dünger, der wiederum zur Düngung von Feldern verwendet werden kann. Dies reduziert die Notwendigkeit von mineralischen Düngemitteln und trägt zur Regionalität unserer Landwirtschaft bei.
Besonders in Sachsen-Anhalt sind Rinder und Schafe in der Landwirtschaft von großer Bedeutung. Die traditionelle Beweidung von Flächen spielt eine zentrale Rolle in dieser Region und prägt das Landschaftsbild entscheidend. Die Weiden entlang der Elbe, in der Harzregion, der Altmark und viele andere Teile des Landes wären ohne die Beweidung durch Rinder und Schafe nicht das, was sie heute sind. Diese Tiere helfen dabei, die charakteristischen Flächen zu erhalten und schaffen Lebensraum für zahlreiche andere Pflanzen- und Tierarten. Denn neben der landschaftlichen Bedeutung tragen Rinder und Schafe besonders auch zur Artenvielfalt bei. Die Beweidung von Grünlandflächen fördert eine reiche Vielfalt an Pflanzenarten. Diese wiederum bieten Nahrung und Lebensraum für viele Insekten, Vögel und andere Tiere. Die Bewirtschaftung von Grünland schafft ökologische Nischen, von denen viele bedrohte Arten profitieren. Ohne die Weidetiere würde diese Vielfalt nach und nach verschwinden.
Nicht vergessen werden darf, dass die Tierhaltung auch eine soziale und kulturelle Bedeutung hat. Sie ist tief in die Tradition und Geschichte der Region verwurzelt, Viehzucht hat Generationen von Menschen in Sachsen-Anhalt ihren Lebensunterhalt gesichert und eine starke Bindung zur Landwirtschaft geschaffen. Die Arbeit mit den Tieren prägt das kulturelle Erbe vieler Familien, wie zuletzt beim Landeserntedankfest in Magdeburg zu sehen war.
Die noch bestehende Tierhaltung hierzulande am Leben zu halten, ist aus den genannten Gründen sehr wichtig und ist aus meiner Sicht eine wichtige und gesellschaftliche Aufgabe. Die verbleibenden Tierhalter stehen nämlich vor enormen Herausforderungen. Wer Tierhaltung hat, ist pro Woche meist ein bis zwei Tage nur mit Bürokratie beschäftigt. Wenn man selbst die Verarbeitung macht und vielleicht sogar eine eigene Vermarktung hat, steigen bürokratische Nachweispflichten sowie die Zahl der Prüfungen und Kontrollen noch weiter an. Dem gegenüber stehen Erzeugerpreise, die besonders bei Schafhaltern schon lange nicht mehr die Kosten decken. Für Schweinehalter und Milch-Betriebe ist die wirtschaftliche Situation seit Jahren ein Drahtseilakt, der viele zum Aussteigen bringt.
Es reicht nicht, wenn Politik sich zur regionalen Tierhaltung bekennt und Verbraucher sich diese wünschen. Politiker müssen sich auf allen Ebenen spürbar dafür einsetzen und Verbraucher müssen regionale Produkte kaufen, wenn diese (noch) da sind. Dann können Tierhalterinnen und Tierhalter auch mit gutem Gewissen in neue Haltungsformen investieren und den Hof an die nächste Generation weitergeben. Die Bäuerinnen und Bauern würden es liebend gerne tun!
Susann Thielecke
Vizepräsidentin Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.
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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 07/2023
/in Agrarpolitik / Verbandsarbeit, Medieninformationen, Verbandsnachrichten/von Erik HechtKommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 06/2023
/in Agrarpolitik / Verbandsarbeit, Tierhaltung, Verbandsnachrichten/von Erik HechtSozialwahl 2023 – Kandidatinnen und Kandidaten der Liste 8 stellen sich vor
/in Agrarpolitik / Verbandsarbeit, Recht, Steuern + Soziales/von Erik HechtKommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 04/2023
/in Agrarpolitik / Verbandsarbeit, Medieninformationen/von Erik HechtWerte Mitglieder, liebe Bäuerinnen und Bauern,
die jüngste Vergangenheit brachte uns eine deutliche Entspannung der pandemischen Lage und sogar eine gewisse Beruhigung der Märkte. In vielen Regionen unseres Landes gab es vorerst ausreichend Niederschläge, die für die Entwicklung auf den Wiesen, Weiden und Äckern dringend nötig sind.
In anderen Bereichen blicken wir hingegen auf eine zunehmende Anspannung. Mit Beginn des Frühjahrs hat unser Verband viele Presseanfragen erhalten, die sich auf den Anbau von Sonderkulturen und die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns bezogen. Es kam dabei die Frage, ob durch den höheren Mindestlohn die Saisonarbeit in Deutschland attraktiver würde. Die landwirtschaftliche Rechnung ist relativ einfach. Betriebe müssen bei ihrer Planung prognostizieren, ob sie mit bestimmten Kulturen ein positives Betriebsergebnis erzielen können. Konkret bedeutet das: Kann mein Betrieb Geld verdienen, wenn ich Weizen, Kartoffeln oder Spargel anbaue? Bei manchen Kulturen, besonders im Obst- und Gemüseanbau, sind die Arbeits- und Lohnnebenkosten ein großer Faktor. Die Erhöhung des Mindestlohns steigert die Kosten und das Risiko verstärkt sich, selbst bei einer guten Ernte ein negatives Ergebnis zu erzielen, da höhere Ausgaben nicht automatisch zu höheren Einnahmen im Verkauf führen.
Durch den offenen europäischen Markt können Verarbeiter und der Lebensmitteleinzelhandel auch Waren aus dem Ausland kaufen, beispielsweise aus Polen und Südeuropa. Der Preis am Markt entsteht durch das günstigste Angebot und nicht durch die höchsten Standards. Der erhöhte Mindestlohn bewirkt, dass sich arbeitsintensive Landwirtschaft, wie der Obst- und Gemüseanbau, in andere europäische Regionen verlagert. In Ländern wie Spanien und Griechenland kann wegen niedrigerer Löhne und Sozialstandards deutlich billiger produziert werden.
Die Verlagerung von landwirtschaftlicher Erzeugung sehen wir bei der Schweinehaltung bereits in gravierendem Ausmaß. Schweinehalterinnen und -halter haben keine ausreichende wirtschaftliche Perspektive für ihren Betrieb. Das hat maßgeblich mit politischen Entwicklungen zu tun. Vor wenigen Jahren hat das „Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung“ ein umfassendes Konzept entwickelt, wie die Zukunft der Tierhaltung in Deutschland aussehen kann. Dies umfasste unter anderem, wie eine solche finanziert werden könnte. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bekennt sich fortlaufend und öffentlich zum Umbau der Tierhaltung, jedoch stehen dafür weder die Finanzmittel bereit noch sind dringend nötige Änderungen im Baurecht vorgenommen worden.
Dadurch befinden sich Betriebe mit Sauen, Ferkeln oder Mastschweinen in der Situation, dass von ihnen einerseits Veränderung gefordert wird, Stichwort Tierwohl, andererseits aber keine wirtschaftliche Perspektive besteht und rechtliche Vorgaben mögliche Investitionen in der Praxis unmöglich machen. Die Tierhaltung, die in Deutschland abgebaut wird, verschwindet jedoch nicht. In anderen Ländern werden die Kapazitäten ausgebaut, beispielsweise in Spanien.
Ein drittes Thema, das ich kurz ansprechen möchte, ist der SuedOstLink. Es ist in der Bundesrepublik seit Jahrzehnten eine bewährte Praxis, Rahmenverträge zwischen den landwirtschaftlichen berufsständischen Vertretungen und den Vorhabenträgern überregional bedeutsamer Leitungsbauvorhaben abzuschließen. Mit den Rahmenverträgen wird den vom Vorhaben betroffenen Grundstückseigentümern empfohlen, zu den darin vereinbarten Konditionen individuelle Verträge abzuschließen. Der Vorteil für die Grundstückseigentümer besteht in der Gewissheit, mit dem Rahmenvertrag ein Angebot unterbreitet zu bekommen, das ihre Interessen berücksichtigt und marktüblich ist. Rahmenverträge sind beidseitig faire Lösungen und werden deshalb bei fast allen Projekten dieser Art geschlossen. Eine bedauerliche Ausnahme ist das in den neuen Bundesländern tätige Unternehmen 50Hertz Transmission GmbH. Es kündigte seit Beginn an, mit den in seinem Unternehmensgebiet tätigen Bauernverbänden keinen Rahmenvertrag abschließen zu wollen.
Was die genannten Themen verbindet: Es fehlt in vielen Bereichen an fairen Lösungen, ob im europäischen Binnenmarkt, bei Zielkonflikten von Tierwohl, Bau- und Emissionsrecht oder beim Ausbau Erneuerbarer Energien und deren Infrastruktur. Die Landwirtinnen und Landwirte sind für Entwicklungen offen, wenn höhere Standards oder die Energiewende-Politik nicht nur Nachteile mit sich bringen oder sogar die wirtschaftliche Existenz der Betriebe gefährden.
Hier muss insbesondere die Bundesregierung ansetzen: Wenn einerseits fortwährend der Rückgang der Zahl landwirtschaftlicher Betriebe bedauert wird, andererseits aber die Auflagen immer weiter steigen, sorgt das bei Landwirtinnen und Landwirten für Verärgerung. Faire Rahmenbedingungen zu gestalten, in denen die Vielfalt der landwirtschaftlichen Betriebe einen Platz hat, muss agrarpolitisch das oberste Ziel sein. Gleiches gilt für Großprojekte wie den SuedOstLink: Die Grundeigentümer und Landwirte tragen solche Veränderungen nur mit, wenn es einen fairen und transparenten Ausgleich gibt.
Olaf Feuerborn
Präsident
Blick ins Heft:
Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 03/2023
/in Agrarpolitik / Verbandsarbeit, Verbandsnachrichten/von Erik HechtPressekonferenz zum Jahresauftakt
/in Agrarpolitik / Verbandsarbeit, Medieninformationen/von Erik HechtJahresauftakt-Pressekonferenz des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.
Am Dienstag (17.01.2023) erläuterte der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. in einer Pressekonferenz, welche Themen die Landwirte in Sachsen-Anhalt 2023 bewegen werden. Themen waren unter anderem die Zukunft der Tierhaltung und politische Entwicklungen im Ackerbau.
Viele tierhaltende Betriebe in Sachsen-Anhalt schauen mit großer Skepsis auf den geplanten Umbau der Tierhaltung in Deutschland. Die politischen Vorhaben der Bundesregierung sollen mit einer Milliarde Euro über die kommenden Jahre gefördert werden. Bei mehreren Milliarden Euro pro Jahr liegt hingegen der von einem unparteiischen Expertengremium berechnete Bedarf (Borchert-Kommission). Die Tierhalterinnen und Tierhalter befürchten, dass sie die Mehrkosten der neuen Gesetze tragen sollen. Demgegenüber hat sich das Kaufverhalten in Deutschland wieder deutlich mehr nach dem Preis ausgerichtet – zum Nachteil der Betriebe, die heute in höheren Haltungsstufen produzieren.
Dazu erklärt Olaf Feuerborn: „Durch scheinbare Lösungen wie die unfertige Tierwohlkennzeichnung möchte das Bundesagrarministerium den Eindruck erwecken, dass es unseren Landwirtschaftsbetrieben eine Zukunft gewährt. Was Landwirtinnen und Landwirte brauchen, ist eine wirtschaftliche Perspektive. Stattdessen bekommen wir immer mehr Auflagen und sollen politische Visionen umsetzen, die vom Kunden nicht gekauft werden und teilweise nicht umsetzbar sind. Das ist kein Umbau der Landwirtschaft, das ist ein Abbau der Landwirtschaft.“
Auch die Ackerbauern in Sachsen-Anhalt sehen den agrarpolitischen Entwicklungen 2023 wenig optimistisch entgegen. Ein fundamentaler Grund dafür ist die „Verordnung über den nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln“ (engl.: Sustainable Use Regulation = SUR). Der Entwurf der EU-Kommission sieht viele neue Auflagen und bürokratische Hürden für Landwirte vor. Zusätzlich zu bereits bestehenden Vorgaben und Dokumentationspflichten soll es beispielsweise umfassende Prüfkataloge für jegliche Anwendungen zum Pflanzenschutz geben. Dabei müssen Landwirte bereits, um Pflanzenschutzmittel einsetzen zu dürfen, eine Qualifikation nachweisen und regelmäßig an Schulungen teilnehmen. Für die Praktiker drängt sich der Eindruck auf, dass die Politik vorsätzlich so hohe bürokratische Hürden aufbauen will, dass diese in der Praxis nicht mehr überschaubar sind.
Ob in der Tierhaltung oder dem Ackerbau: Innerhalb der Branche verstärkt sich das Bild, dass die Politik in Berlin und Brüssel zunehmend von den real existierenden Anforderungen an die Landwirtschaft entkoppelt ist. Die Sorgen von Landwirtinnen und Landwirten sollten ihren Betrieben gelten, ihren Herden und Ernten und nicht den Entscheidungen der Politik. Angesichts dessen, was in den kommenden Monaten agrarpolitisch auf die Landwirtinnen und Landwirte zukommt, sind die aktuellen Niederschläge umso willkommener. Wenn die kommenden Monate so nass wie der Jahresanfang werden, könnte sich die seit 2018 anhaltende Dürre-Situation endlich landesweit entspannen.
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