Pressekonferenz zum Jahresauftakt

Jahresauftakt-Pressekonferenz des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.

Am Dienstag (17.01.2023) erläuterte der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. in einer Pressekonferenz, welche Themen die Landwirte in Sachsen-Anhalt 2023 bewegen werden. Themen waren unter anderem die Zukunft der Tierhaltung und politische Entwicklungen im Ackerbau.

 

Viele tierhaltende Betriebe in Sachsen-Anhalt schauen mit großer Skepsis auf den geplanten Umbau der Tierhaltung in Deutschland. Die politischen Vorhaben der Bundesregierung sollen mit einer Milliarde Euro über die kommenden Jahre gefördert werden. Bei mehreren Milliarden Euro pro Jahr liegt hingegen der von einem unparteiischen Expertengremium berechnete Bedarf (Borchert-Kommission). Die Tierhalterinnen und Tierhalter befürchten, dass sie die Mehrkosten der neuen Gesetze tragen sollen. Demgegenüber hat sich das Kaufverhalten in Deutschland wieder deutlich mehr nach dem Preis ausgerichtet – zum Nachteil der Betriebe, die heute in höheren Haltungsstufen produzieren.

Dazu erklärt Olaf Feuerborn: „Durch scheinbare Lösungen wie die unfertige Tierwohlkennzeichnung möchte das Bundesagrarministerium den Eindruck erwecken, dass es unseren Landwirtschaftsbetrieben eine Zukunft gewährt. Was Landwirtinnen und Landwirte brauchen, ist eine wirtschaftliche Perspektive. Stattdessen bekommen wir immer mehr Auflagen und sollen politische Visionen umsetzen, die vom Kunden nicht gekauft werden und teilweise nicht umsetzbar sind. Das ist kein Umbau der Landwirtschaft, das ist ein Abbau der Landwirtschaft.“

Auch die Ackerbauern in Sachsen-Anhalt sehen den agrarpolitischen Entwicklungen 2023 wenig optimistisch entgegen. Ein fundamentaler Grund dafür ist die „Verordnung über den nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln“ (engl.: Sustainable Use Regulation = SUR). Der Entwurf der EU-Kommission sieht viele neue Auflagen und bürokratische Hürden für Landwirte vor. Zusätzlich zu bereits bestehenden Vorgaben und Dokumentationspflichten soll es beispielsweise umfassende Prüfkataloge für jegliche Anwendungen zum Pflanzenschutz geben. Dabei müssen Landwirte bereits, um Pflanzenschutzmittel einsetzen zu dürfen, eine Qualifikation nachweisen und regelmäßig an Schulungen teilnehmen. Für die Praktiker drängt sich der Eindruck auf, dass die Politik vorsätzlich so hohe bürokratische Hürden aufbauen will, dass diese in der Praxis nicht mehr überschaubar sind.

Ob in der Tierhaltung oder dem Ackerbau: Innerhalb der Branche verstärkt sich das Bild, dass die Politik in Berlin und Brüssel zunehmend von den real existierenden Anforderungen an die Landwirtschaft entkoppelt ist. Die Sorgen von Landwirtinnen und Landwirten sollten ihren Betrieben gelten, ihren Herden und Ernten und nicht den Entscheidungen der Politik. Angesichts dessen, was in den kommenden Monaten agrarpolitisch auf die Landwirtinnen und Landwirte zukommt, sind die aktuellen Niederschläge umso willkommener. Wenn die kommenden Monate so nass wie der Jahresanfang werden, könnte sich die seit 2018 anhaltende Dürre-Situation endlich landesweit entspannen.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 01/2023

Werte Mitglieder, werte Landwirtinnen und Landwirte,
als ich den Januarkommentar des Jahresbeginns 2020 veröffentlichte, da gab es meinerseits einen Verweis auf die goldenen Zwanziger des letzten Jahrhunderts und eine möglicherweise Wiederholung im 21. Jahrhundert. Was aber ist in diesen letzten drei Jahren damals tatsächlich Unvorhersehbares passiert? Wir haben eine Pandemie durchlebt, nach langem Frieden gibt es wieder Krieg in Europa. Die Verfügbarkeit von Energie und vor allem deren Bezahlbarkeit waren vor drei Jahren noch keine aktuellen Themen. Die Zinswende ist eingeleitet und die Inflation hat uns im Griff. Nun gut, wir haben keine Hyperinflation, aber das was wir erleben, reicht ja schon so aus, um tiefe Sorgenfalten zu bekommen. Der Staat, der wir als seine Bürger sind, nimmt ehemals unvorstellbare Schuldensummen auf, die wir als Steuerzahler irgendwann retour zahlen müssen. Wir nehmen monetäre Lasten auf, von denen wir nicht wissen können, wie wir diese künftig schultern sollen. Und als wenn das alles nicht reicht, so sind wir in Anbetracht des Krieges in der Ukraine nicht verteidigungsfähig im Fall der Fälle.
Die genannten Punkte sind keine leichte Kost, aber wir leben in herausfordernden Zeiten. Dafür reicht der Blick in die eigene Agrarbranche. Ja, wir haben in den letzten Monaten erlösseitig von Weltmarktpreisentwicklungen profitiert, aber wir bekommen seit Monaten auch die sämtlichen Lasten bei Energie und Vorprodukten voll zu spüren. Sollten die Erzeugerpreise zurückgehen, so wollen wir darauf setzen, dass die Betriebskosten schneller als die Einnahmen sinken.
Alles in allem sind mit dem letzten Jahr die erforderlichen Managementqualitäten in den Unternehmen nochmal deutlich angestiegen – den Umgang lernt man in keiner landwirtschaftlichen Ausbildung und in keinem Agrarstudium, sondern nur durch schnelles Agieren in der Praxis durch die Anwendung umfänglicher Informationen und Fachwissens. Den richtigen Umgang mit den Märkten muss man sich zügig antrainieren, Fehler sind nicht erlaubt.
Was neben dem richtigen Marktverhalten verstärkter auffällt: Auch eigentlich gut informierte Betriebe können mit dem Übermaß an Agrarbürokratie nicht mehr klarkommen. Am Beispiel der GAP ab 2023 ist das sehr gut festzumachen. Wir haben als Verband seit 2021 in diversen digitalen Veranstaltungen über die Auswirkungen informiert und damit in Teilen den Job der Landesverwaltung übernommen. Aufgrund der Komplexität kommen Betriebe, die täglich an den Informationsquellen dran sind, trotzdem nicht hinterher. Und das ist nur ein Bereich von vielen, neben Fragen zur Düngeverordnung, zum Pflanzenschutz, zur Tierhaltung, neben all den generellen Auflagen. Auch die Landesverwaltung kommt fast nicht mehr nach und kann den Irrsinnswust an widersprüchlicher landwirtschaftlicher Regulatorik kaum mehr überblicken.
Nur was passiert beim Bundesgesetzgeber und dem verantwortlichen Agrarressort? Die Problem­anzeigen werden von allen Ebenen getätigt, aber als Antwort gibt es neue und noch kompliziertere Gesetze und Verordnungen. Bei der GAP ist man dazu verleitet, diese eine bewusste Entförderung der Landwirtschaft zu nennen. Man macht es den Antragstellern so schwer, dass sie irgendwann keine Anträge mehr stellen und damit not­gedrungen auf das Geld verzichten – Ziel erreicht. In Städten nennt man sowas vergleichbar Gentrifizierung und Entmietung, wenn nicht mehr gewünschte Mieter vergrault werden.
Das sich selbst erhaltende politische System macht weiter wie bisher, es wächst personell, installiert systemtreue Führungsebenen einer gleichförmigen Nomenklatura und möchte nach außen vor allem (klein)bäuerliche Betriebe erhalten. Tierhaltung wird vom verantwortlichen Ressort in Berlin aktiv abgebaut, die Kreislaufwirtschaft mit vorhandenen natürlichen Mehrnährstoffdüngern damit in Frage gestellt und Wertschöpfung vernichtet. Man möge sich vorstellen, das zuständige Bauministerium würde sich öffentlich für den Rückbau von Häusern und Siedlungen engagieren, das Verkehrsministerium würde sich für den Rückbau von Verkehrswegen einsetzen. Das wäre die Selbstverzwergung des eigenen Geschäftsbereiches. Diese Bundespolitik hinterlässt viele fachkundige Akteure der Landwirtschaft sprachlos. Man muss mit ansehen, wie eine Regierung Parteiprogramme durchzieht und den ländlichen Raum wirtschaftlich immer mehr politischen Projekten preisgibt.
Es gibt wohlmeinende Stimmen, die behaupten, es fehlt nur Fachwissen auf der anderen Seite. Nur was soll Fachwissen ausrichten, wenn es auf eine politische Agenda trifft? Jüngst haben wir das erlebt, bei den Fragen um die Erlösabschöpfungen bei Biogasanlagen. Das Wort Biogas kommt im Sprachfundus der Regierung nicht mehr vor, wohl weil damit Maisanbau und Tierhaltung verbunden sind – beides will man offensichtlich nicht. Für Anlagenbetreiber ist das nicht nachvollziehbar. Sie produzieren nachhaltig und regional grundlastfähig Strom und Wärme, noch dazu in einem Kreislauf. Aus landwirtschaftlich-fachlicher Perspektive stellt sich überhaupt nicht die Frage, ob Biogas gefördert werden sollte, statt deren Wirtschaftlichkeit politisch zu schwächen.
Trotz dieses komplizierten Jahresauftaktes, der erstmal nicht sehr optimistisch klingt: Wir haben 2022 einiges erreicht! Und wir werden uns auch 2023 dafür einsetzen, dass es gute Lösungen für die Herausforderungen unserer Betriebe und des ländlichen Raumes insgesamt gibt. Aufgeben ist nicht, bleiben wir also dran!
Ihr Marcus Rothbart

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 12/2022

Werte Mitglieder,

liebe Bäuerinnen und Bauern,

wenn Sie diese Ausgabe lesen, wird es Mitte Dezember sein. Der Bauernverbandstag wird schon etwas hinter uns liegen und das Jahr 2022 neigt sich dem Ende.

Ich freue mich, dass mich die Delegierten des 34. Bauernverbandstages zum zweiten Mal zum Präsidenten unseres Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. gewählt haben. Ich werde mich auch in den kommenden vier Jahren immer dafür einsetzen, dass die Anliegen unserer Betriebe und Familien sowie des ländlichen Raumes vorangebracht werden und für unsere berufsständischen Interessen kämpfen.

Es freut mich auch, dass eine große Zahl an Medien über unseren Bauernverbandstag berichtet hat. Allen voran unsere regionale Presse, wie die Mitteldeutsche Zeitung, die Volksstimme und der MDR, berichten viel über die Landwirtschaft – auch wenn das in unserem Berufsstand nicht immer wahrgenommen wird. Vielfältige landwirtschaftliche Themen werden in der Medienlandschaft diskutiert, beispielsweise der Wolf und die Weidetierhaltung, die Perspektive für Tierhaltung oder die wirtschaftliche Lage der Betriebe vor dem Hintergrund der anhaltenden Dürre. Durch die Corona-Pandemie und seit Februar dieses Jahres durch den Krieg in der Ukraine hat das mediale Interesse an der heimischen Landwirtschaft nochmals zugenommen.

Tatsächlich konnten wir in diesem Jahr auch bei verschiedenen Fachthemen erreichen, dass diese medial diskutiert worden sind, etwa die geplanten pauschalen Pflanzenschutz-Verbote auf EU-Ebene oder die undurchsichtige Vergabe von BVVG-Flächen unter der aktuellen Bundesregierung. Solche Themen, die für die meisten Mitbürger in ihrem Alltag kaum eine Rolle spielen, in die Medien zu bringen, ist eine der vielen Aufgaben unseres Verbandes. Und es dient nicht nur dazu, unsere Mitbürger über die aktuellen Entwicklungen der Landwirtschaft zu informieren, es dient auch der politischen Diskussion und demokratischen Willensbildung.

Viele Diskussionen zu unserer Landwirtschaft, die eigentlich fachlich geführt werden sollten, werden mit Schlagworten wie „Naturschutz“ oder „Nachhaltigkeit“ abgewürgt. Aber was genau sind „Naturschutz“ oder „Nachhaltigkeit“? Hier ist es fundamental wichtig, dass wir uns als Berufsstand bereits ganz früh einbringen. Denn solche Diskussionen beginnen in den Medien und führen mittelbar zu politischen Positionierungen, zu Parteiprogrammen, zu Koalitionsverträgen und dann schließlich zu Gesetzen. Die Verbandsarbeit muss heutzutage die eigenen Mitglieder mitnehmen und Themen in Politik und Verwaltung tragen, gleichzeitig müssen wir unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger darin einbeziehen. Für eine gute berufsständische Interessenvertretung brauchen wir beides: Öffentlichkeitsarbeit und die Arbeit mit Politikern, Parteien und Behörden.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf unsere Kampagne „mehr können“ hinweisen. Wir haben diese ins Leben gerufen, um die Vielfältigkeit und den Wert unserer Landwirtschaft nach außen zu tragen. Wir können als Branche noch besser darin werden, unsere Leistungen für unsere Mitmenschen bildlich und begreiflich zu machen. Am besten wird uns das gelingen, wenn wir alle uns aktiv einbringen, ob durch Öffentlichkeitsarbeit über die Medien oder durch eine Plane am Betrieb.

Wie immer in dieser Zeit des Jahres möchte ich mich bei allen Berufskolleginnen und -kollegen bedanken, die unsere gemeinsame Arbeit voranbringen: Wir gemeinsam sind der Bauernverband, mit unseren Betrieben und Familien bilden wir das Rückgrat des ländlichen Raumes! Ich möchte mich auch bei unseren assoziierten Verbänden und fördernden Mitgliedern bedanken, die unsere Arbeit unterstützen sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir haben in unserem Verband ein starkes Hauptamt, welches für einen großen Landesverband unerlässlich ist.

Ich wünsche uns allen für das kommende Jahr, nach einem hoffentlich erholsamen Jahreswechsel, dass wir für die verschiedenen Herausforderungen unserer vielfältigen Betriebe gute Wege finden werden. Sicherlich wird die Verbandsarbeit nicht weniger anspruchsvoll, ob in der öffentlichen Diskussion oder in der politischen Arbeit, und Lösungen werden wir erringen müssen. Ich bin aber überzeugt: Gemeinsam werden wir viel erreichen.

Ich wünsche Ihnen und ihren Familien noch eine besinnliche Adventszeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Ihr Olaf Feuerborn

Blick ins Heft:

34. Bauernverbandstag in Sachsen-Anhalt

Zweimal hintereinander musste der Bauernverbandstag des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. online stattfinden. Dieses Jahr konnten sich fast 250 Delegierte, Vertreter von Verbänden und Organisationen, Politiker und Journalisten persönlich zum 34. Bauerntag treffen. Dieser fand am 23.11.2022 im Salzland Center Staßfurt statt.

Olaf Feuerborn trat erneut für das Ehrenamt des Bauernpräsidenten an. Er will in der kommenden Legislatur weiter mit der Politik auf Landes- und Bundesebene um Lösungen ringen, die den landwirtschaftlichen Berufsstand und den ländlichen Raum insgesamt stärken. Der alte und neue Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. wurde mit 99 Prozent der Stimmen wiedergewählt und betonte in seiner Rede: „Wir haben in den vergangenen Jahren trotz großer Herausforderungen viel erreicht. Wir müssen weiter für unseren ländlichen Raum und die Zukunft unserer Betriebe kämpfen. Durch die Rückendeckung meiner Frau und meiner Familie kann und möchte ich dieses wichtige Ehrenamt die kommenden vier Jahre weiter ausüben.“

Auch der Wahlvorstand wurde neu gewählt, erstmals haben sich drei Landwirtinnen für ein Amt auf Landesebene beworben. Alle Kandidatinnen und Kandidaten, die sich zur Wahl stellten, konnten ein Mandat erreichen. Damit besteht der künftige Landesvorstand um den Präsidenten aus dem 1.Vizepräsidenten Sven Borchert, den Vizepräsidentinnen Kathrin Beberhold und Susann Thielecke sowie den Wahlvorstandsmitgliedern Christian Schmidt und Heidrun Spengler-Knappe. Des Weiteren sind die Vorstandsvorsitzenden der elf Kreisbauernverbände satzungsgemäß Mitglieder des Landesvorstandes. Die fünfköpfige Revisionskommission um die neue Vorsitzende Angela Bradatsch wurde ebenso gewählt.

Im öffentlichen Teil des Bauernverbandstages fanden Auszeichnung statt, unter anderem für den „Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022“. Dafür waren aus den Kreisbauernverbänden mehrere Betriebe vorgeschlagen worden. Mit dem ersten Platz ausgezeichnet wurde in diesem Jahr die Harslebener Agrargenossenschaft e.G., die seit 30 Jahren jungen Menschen eine fundierte Ausbildung bietet und sich in das Prüfungsgeschehen sehr aktiv einbringt. Der Betrieb erhielt eine Ehrenurkunde und eine Plakette für das Hoftor des Betriebsgeländes, die den „Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022“ auszeichnet.

Für ihr langjähriges Engagement erhielten zwei Mitglieder die Ehrenmitgliedschaft. Zum einen Joachim Klette, der sich als Landwirt und passionierter Schweinezüchter seit mehr als 30 Jahren ehrenamtlich für den Berufsstand einsetzt, die meiste Zeit in vorsitzenden Funktionen auf Kreisebene. Zum anderen Dr. Wolfgang Nehring, welcher seit 1994 auf Kreis- und Landesebene für den Berufsstand aktiv war und darüber hinaus u.a. als Bürgermeister, Stadtrat und Vorsitzender des landwirtschaftlichen Arbeitgeberverbandes seine Kraft und Zeit in den Dienst der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes stellte.

Insgesamt drei Ehrennadeln wurden am 34. Bauernverbandstag verliehen, an die Vorstandsmitglieder Raimund Punke (Bauernverband Altmarkkreis Salzwedel) und Jörg Weidemann (Bauernverband Nordharz) sowie Dr. Ralf Gladigau, den langjährigen Geschäftsführer des Ländliche Erwachsenenbildung in Sachsen-Anhalt e. V.

Auf die Ehrungen folgte eine agrarpolitische Diskussion, in diesem Jahr unter der Überschrift „Ernährungs- und Energiesicherheit in volatilen Zeiten“, moderiert von Stefan Bernschein. An der Diskussion teilgenommen haben Sven Schulze, Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt, Reinhold Sangen-Emden, Referatsleiter Biodiversität, Großschutzgebiete und Naturschutzfördermaßnahmen im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. und Staatssekretär a.D. sowie Bauernpräsident Olaf Feuerborn. Themen der fast anderthalb Stunden langen Diskussion waren unter anderem die Zukunft von Tierhaltung und Photovoltaik, die Konflikte zwischen Wolf und Weidetierhaltung und die aktuell geplante „Erlösabschöpfung“ von Biogasanlagen.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 11/2022

Werte Mitglieder,
werte Landwirtinnen und Landwirte,

ein Schwerpunkt dieser Ausgabe wird die anstehende Vorstandswahl des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt sein und damit auch ein Blick auf die Mitte Oktober bekannten Kandidatinnen und Kandidaten für den Vorstand und die Revisionskommission. Für den Verband sind Wahlen für das Ehrenamt auf Landesebene immer eine wichtige Wegmarke. Eine neue personelle Zusammensetzung entscheidet mit über die künftige inhaltliche Ausrichtung des Verbandes. Vor allem Neugewählte müssen sich in die vorhandene thematische und organisatorische DNA und Struktur des Verbandes erst einmal einarbeiten, ihre Rolle im Vorstand finden, um dann in ihren Fachgebieten, unterstützt durch das Hauptamt, politische Akzente setzen zu können.

Die politischen Aufgaben sind für unseren Berufs­stand und für alle wirtschaftsnahen Berufs­gruppen herausfordernd und anspruchsvoll. Nicht nur das mag Landwirtinnen und Landwirte von einem weitergehenden ehrenamtlichen Engagement abhalten, zusätzlich zu den vielfältigen Aufgaben und Pflichten im eigenen Unternehmen. Verbände und Interessenvertretungen benötigen jedoch genau die Expertise von praktischen Unternehmern aller Alterskategorien, die die Auswirkungen von Politik tagtäglich auf den Betrieben wahrnehmen. Mit dieser Sachkenntnis kann ein Verband durch abgestimmte Mehrheitspositionen Einfluss nehmen und auf Veränderungen hinwirken, da er permanent an der Nahtstelle zwischen Praxis, Politik und Verwaltung agiert und in relevanten Gremien vertreten ist.

In der Entwicklung des Ehrenamtes sind in der Gesamtgesellschaft seit vielen Jahren über den eigenen Verband hinaus Veränderungen wahrzunehmen. Vielfach gibt es eine Verschiebung zu einem kurzfristigeren, projektorientierteren Engagement. Auch dies kann von Nutzen für Verbände sein und muss als Chance gesehen werden. Die langfristigen Linien aber, sich quasi über die verschiedenen Ebenen langjährig warmzulaufen und persönlich und inhaltlich zu qualifizieren, mit dem Ziel eine ehrenamtliche Spitzenposition perspektivisch anzustreben und innezuhaben, werden weniger. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen im eigenen Unternehmen kommen Akzeptanzthemen in der Familie dazu, bei Mitgesellschaftern, bei Vorständen und Aufsichtsräten für ehrenamtliches Engagement. Manchmal scheitert ein gewolltes Engagement auch daran, dass das engere Umfeld nicht mitziehen möchte. Andere wollen mit ihrem Betrieb nicht in der Öffentlichkeit stehen, weil sie sich dann angreifbarer fühlen. Zudem kommen schon mal neidvolle Diskussionen von Berufskollegen über mediale Präsenz auf.

Kritik an agrarpolitischen Positionen wird nicht nur gelegentlich geübt, man muss auch Druck aushalten können und den Überblick und den eigenen verbandlichen Standpunkt kennen und behalten. In der Vielfalt unserer landwirtschaftlichen Szene, mit ihrem maximal vielfältigen Organisationsangebot für jede Meinung und Ausrichtung, ist das keine Nebensächlichkeit. Darüber hinweg investiert man eigene Ressourcen in den Aufbau eines breiten, vielfältigen und hoffentlich tragfähigen Netzwerkes über den eigenen Betrieb hinaus. Diese Faktoren muss man kennen und aushalten mögen, man muss wissen, auf was man sich mittelfristig einlässt.

Ein anderer Punkt ist die erforderliche Qualifikation für ein herausgehobenes Ehrenamt. An dieser Stelle müssen wir als Verbände alle noch nachjustieren, Angebote weiterentwickeln und gegebenenfalls obligatorisch machen. Niemand im Ehrenamt ist qua Amt qualifiziert und Weiterbildungsangebote sind hier umso nötiger, gerade weil es einem auch Sicherheit gibt. In einer Zeit, in der jedes Wort digital erfasst wird, stärken solche Schulungen das Auftreten in der Öffentlichkeit und im eigenen Verband. Wer qualifiziert und sattelfest ist, der kann komplexe Situationen bestehen, egal ob gegenüber Politik, Verwaltung oder Medien.

Nun mag das Vorgenannte nicht automatisch motivierend wirken – es hilft aber nicht, die Tragweite eines Ehrenamtes kleinzureden, nur damit Positionen besetzt sind. Ein ehrlicher Umgang miteinander ist wichtig, genauso wie ein Austausch über die nötigen Zeitvalenzen und inhaltlichen Präferenzen, und ebenso das Auseinandersetzen über die Anforderungen eines Ehrenamtes. Wir haben gemeinsam einiges im Sinne der Branche zu lösen und dafür braucht es eine gute personelle Grundlage an jeder Position. Die Tür für ehrenamtliches Engagement in zu wählende Positionen steht offen. Wer sich einbringen möchte kann das tun und sollte umfänglich unterstützt werden. Für unseren Verband und Berufsstand insgesamt kann das nur gut sein.

Ihr Marcus Rothbart

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 10/2022

Liebe Berufskolleginnen und -kollegen,

ein agrarpolitisch ereignisreicher September liegt hinter uns. Allem voran die Agrarministerkonferenz (AMK) in Quedlinburg hat uns beschäftigt, denn unter den insgesamt 40 Themen waren viele gewichtige Punkte. Auf Bundes- und Landesebene gab es Veranstaltungen zum Konflikt zwischen Weidetieren und dem Wolf, der sich weiter ausbreitet. In den Medien hat das Thema vor allem dadurch Aufwind bekommen, dass Anfang September das Pony von Ursula von der Leyen von einem Wolf gerissen wurde.

Es gab noch ein weiteres Thema, das viele von uns beschäftigt hat, nämlich die geplante „Sustainable Use Regulation“ der EU, kurz SUR. Das Ziel dieser Verordnung ist, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der EU bis zum Jahr 2030 zu halbieren. Seit dem Beginn der politischen Diskussion um die SUR hat sich der Bauernverband auf allen Ebenen dazu eingebracht, mit einem klaren Standpunkt: Wenn die SUR umgesetzt werden sollte, wird die Produktivität unserer Landwirtschaft bis zum Verbraucher hin spürbar verringert, die betriebliche Struktur vieler Landwirte wird einbrechen und große Werte im ländlichen Raum werden vernichtet.

Auf unserer Webseite finden Sie eine umfassende Stellungnahme des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt dazu. Diese enthält unter anderem einen Verweis auf das niederländische Modell, welches bei uns in Sachsen-Anhalt in der Börde erprobt wird. In diesem Modell werden Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt, die gezielt die Biodiversität stärken, ohne durch pauschale Verbote wahllos in die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte einzugreifen. Es geht bei diesem Ansatz um ein Miteinander von Ökologie und Ökonomie.

Dieses Miteinander kann gelingen, auch im großen Maßstab – wenn uns nicht bei jeder Arbeit eine Schädigung unserer Umwelt unterstellt wird. Deswegen war eine der Forderungen zur Agrarministerkonferenz, die wir mit den Berufskollegen von Bauernbund und LsV, den Waldbesitzern und weiteren Organisationen bei der AMK gestellt haben: Es braucht eine Vertrauenskultur gegenüber Land- und Forstwirten. Diese ist der Politik in weiten Teilen vollkommen abhandengekommen, was besonders daran zu erkennen ist, wie sich manche Politikerinnen und Politiker den zukünftigen bürokratischen Aufwand beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln vorstellen.

Natürlich ging es bei der Agrarministerkonferenz um mehr Themen als den Pflanzenschutz. Steigende Energiepreise setzen unsere Betriebe unter Druck, insbesondere die Tierhalter, die zeitgleich mit Marktverwerfungen, Fachkräftemangel und nach wie vor Corona und den daraus resultierenden Ausfällen von Mitarbeitern oder Kollegen zu kämpfen haben. Dennoch will die Bundesregierung die Tierhaltung in Deutschland umbauen. Das BMEL will den Umbau forcieren, obwohl viele fundamentale Aspekte nicht geklärt sind, unter anderem die Finanzierung.

Die vor Jahren maßgeblich dafür initiierte Borchert-Kommission hat im September vom Bundes­land­wirtschafts­minister Özdemir ein neues Mandat erhalten. Dieses hat sie angenommen, um postwendend zu verkünden, dass ihre Arbeit pausieren wird. Die Kommission erklärte, die Arbeit so lange ruhen zu lassen, bis die Bundesregierung eine Lösung dafür gefunden hat, wie sie den Umbau der Nutztierhaltung finanzieren will. Der politisch angestrebte Umbau wird der Kommission zufolge mehrere Milliarden Euro im Jahr kosten. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will die Pläne mit insgesamt einer Milliarde Euro in den kommenden vier Jahren unterstützen. Es braucht nicht viel Fantasie, um zu erraten, wer die Mehrkosten am Ende tragen soll.

Neben der Finanzierung ist unklar, ob ein heute gebauter Stall in wenigen Jahren den sich politisch ändernden Standards noch entspricht. Es kann nicht erwartet werden, dass Ställe, die einen Amortisierungszeitraum von 15 oder 20 Jahren bräuchten, ohne politische Sicherheit gebaut werden – wenn sie denn genehmigt würden, woran es bekanntlich auch massiv hakt. Die Bundesregierung schafft es trotz großer Worte nicht, eine Zukunftsperspektive für die landwirtschaftlichen Betriebe aufzuzeigen. Das liegt insbesondere daran, dass an pauschalen Vorhaben wie dem 30-Prozent-Ziel im Ökobereich festgehalten wird. Das liegt aber auch daran, dass sie nicht schafft, eine transparente Kommunikation in der Branche aufzubauen.

Dazu würde zum Beispiel gehören, dass ehrlich benannt wird, wie viel der politische Umbau der Tierhaltung in Deutschland kosten soll – und wie viel davon die Landwirtinnen und Landwirte aufgebürdet bekommen, trotz der rasanten Kostensteigerungen. Unsere Betriebe mit mehreren Milliarden Euro Mehrkosten zu belasten, ohne politische Planungs­sicherheit, das kann nicht mitgetragen werden. Wenn der Bundeslandwirtschaftsminister sich dann im Rahmen der AMK als „Freund der Bauern“ präsentieren will, darf es diesen nicht wundern, wenn er keinen Applaus erhält.

Wir erwarten von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zu einer zukunftssicheren, produktiven Landwirtschaft in Deutschland und damit der vielfältigen Absicherung von Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln. Das wird nicht mit Verboten erreicht.

Ihr Olaf Feuerborn

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Kundgebung zur AMK in Quedlinburg

Aufruf: Noch existiert unsere Landwirtschaft hier vor Ort – wir brauchen umsetzbare Antworten auf unsere existenziellen Zukunftsfragen!

Vom 14. bis 16.09 findet in Quedlinburg die Agrarministerkonferenz statt. Wir erwarten Antworten für eine nachhaltige landwirtschaftliche Politik, die für Ernährungs- und Versorgungssicherheit sorgt.
Am Freitag wird eine Kundgebung stattfinden. Wir wollen alle Landwirtinnen und Landwirte dazu aufrufen, daran teilzunehmen.

Wann?   Freitag, Sammeln um 12:30

Wo?       Marktplatz Quedlinburg

Zu Parkplätzen findet Ihr HIER eine Übersicht. Wenn möglich sollten Fahrgemeinschaften gebildet werden, damit auch alle einen Parkplatz finden.

 

Für alle, die noch an dem Trecker-Korso ab 10:00 teilnehmen möchten: Tragt Euch in die Doodle-Liste ein, weitere Informationen werden Euch zugeschickt. Alternativ könnt Ihr euch telefonisch bei eurer Kreisgeschäftsstelle des Bauernverbandes oder beim Bauernbund melden.

Bild von der Mahnwache vor dem Rathaus, die Agrarminister tagen ganz in der Nähe.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 09/2022

Werte Mitglieder,
werte Landwirtinnen und Landwirte,
einen besonderen Aufhänger für diesen Kommentar zu identifizieren, fällt außerordentlich schwer. Wir haben in der Gesamtgesellschaft seit Längerem zu viele komplexe und miteinander zusammenhängende Themen, die die Bürger beschäftigen und deutlich emotional belasten. Einen Fokus muss man sicherlich richten auf finanzielle Herausforderungen mit ungewisser Entwicklung. Nach den Phasen der Coronapandemie laufen wir voraussichtlich hinein in eine Rezession mit nicht absehbaren Konsequenzen für unsere Gesamtwirtschaft. Drastisch stei­gende Energiekosten durch unsichere Energie­verfüg­barkeit, hohe Preisvolatilitäten und damit nicht mehr planbare Produktionskosten, das ist ein Mix, der für einige nicht zu bewältigen sein wird, unerheblich, ob Unternehmen oder Privat­person. Bei gleichbleibenden Ver­kaufs­erlösen drücken die steigenden Energie­­kosten Unter­­­nehmens­gewinne, was zu weniger Steuer­einnahmen auf kommunaler Ebene führen wird und Anpassungs­reaktionen auf Unter­nehmens­ebene bei Investitionen und Lohnkosten nach sich ziehen muss. Im Privat­bereich werden Ausgaben erwartungsgemäß auf den Prüfstand gestellt, angefangen bei variablen Kosten wie Lebensmitteln und allgemeinem Konsum. Der Euro kann nur einmal ausgegeben werden, und die oberste Devise wird sein, ein bezahlbares und warmes Dach über dem Kopf zu haben und sich mit Nahrungsmitteln günstig versorgen zu können. Eine erschreckende Zahl aus dem Juli: Dem Bundesverband der Tafeln zufolge suchen in Deutschland mehr als 2 Millionen Menschen Hilfe bei den 962 Tafeln. Mit etwas Dunkelziffer sprechen wir über die Gesamtbevölkerung Sachsen-Anhalts, die Lebensmittel sucht.
Die gesellschaftliche Gefahr, die in den Ent­wicklungen bei der Energieversorgung liegt, kommt als Botschaft verstärkt bei der Bundes­regierung an. Man sollte davon ausgehen, dass hinter den Kulissen und vertraulich an tragfähigen Lösungen im Zusammenspiel mit allen verfügbaren Partnern gearbeitet wird, um die Energieversorgung flächendeckend und verlässlich umgehend sicherzustellen. Kommunikativ ist das eine Aufgabe, die über das Geben von persönlichen Verhaltensregeln und politischem Alarmismus klar hinausgehen muss, möchte man die Gesellschaft beisammenhalten. Daher muss auch Parteiprogrammatik nun nach hinten gestellt werden, die politischen Schönwetterphasen sind vorbei. Wer sich trotzdem nicht verändert, hat augenscheinlich nicht verstanden, um was es wirklich geht. Die kommenden Wochen sind sehr entscheidend, in allen Wirtschaftsbereichen.
Und damit wären wir bei der Agrarpolitik in Deutschland. Die Agrar­branche kann Lösungen bei Nahrungs­mitteln für alle aufbieten, sie kann im Energiebereich mehr beitragen, wenn man sie denn lässt. Wir haben hier noch Luft nach oben, nur in der politischen Realität wird die Handbremse nicht gelöst. Dem Sektor wird stattdessen sukzessive Geld entzogen, er wird politisch und wirtschaftlich geschwächt. Glücklicherweise werden die wenigsten Landwirte die Pressemitteilungen des BMEL abonnieren, diese wären für das Gros der Betriebe harter Tobak. Wer erleben möchte, wie man eine Branche verbal darauf vorbereitet, diese von Wirtschaftskreisläufen und Wertschöpfung abzukoppeln, der sollte dieses aber auf jeden Fall machen.
Als verantwortliches Ministerium der eigenen Klientel gegenüberzutreten und den Abbau der Tierhaltung zu propagieren, eine Rückkehr zur Eigenversorgung zu unterstützen, weil der Einsatz von synthetischem Mineraldünger energieintensiv ist – das muss man erstmal hinbekommen. Eine Linie zieht sich klar durch: „Wenn wir extensiver werden, mit noch weniger Tieren, dann arbeiten wir klimaschonend und schützen die uns anvertrauten natürlichen Ressourcen.“
In diesem Duktus geht das seit Monaten, während Landwirte mit dem Blick auf die wirtschaftliche Lage breite politische Unterstützung des zuständigen Ministeriums erwarten.
Die aktuelle Lage mit ihren neuen Notwendigkeiten sowie die bereits bestehenden Zielkonflikte innerhalb der Agrarbranche – das scheint in der Berliner Politebene noch immer nicht angekommen zu sein. Den Landwirten und ihren Interessenvertretern ist diese jedoch sehr bewusst. Es muss zügig gelingen, dass praxistaugliche Lösungen gefunden werden, teilweise muss die Bundespolitik zu harten Kurswechseln bereit sein. Wenn das nicht gelingt, werden Unmut und Protest weiter zunehmen und der eigens formulierte Anspruch der Koalition, dass man „gemeinsam mit den Bauern in die Zukunft“ will, wird ad absurdum geführt.
Ihr Marcus Rothbart

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Unbefriedigende Ernteergebnisse, unsichere Aussichten

Sachsen-Anhalts Landwirtinnen und Landwirten war schon vor der Ernte klar, dass die Ergebnisse in diesem Jahr nicht allzu gut ausfallen. Hitze und viel zu wenig Wasser haben vielen Pflanzen seit der Aussaat keine guten Bedingungen geboten. Trotz widriger Bedingungen hat sich ein Teil der Wintergerste relativ stabil entwickelt und konnte die Ertragsbildung vor der extremen Trockenheit abschließen. Das Ernte-Ergebnis liegt mit 74 dt/ha über den ersten Prognosen und auf einem Niveau, dass auch in Jahren mit besserer Witterung üblich ist. Die Qualitäten der Getreidekörner sind jedoch durchwachsen. Tatsächlich gedroschen, und damit im Rahmen der Ernteumfrage erfasst, wurden nicht alle Gerstenbestände. Ein Teil musste im grünen Stadium gehäckselt werden, um als Futter verwendet werden zu können.
Die Ergebnisse im Winterweizen, für viele Betriebe eine zentrale Kultur, sind weniger schlecht als in der Vorernte-Prognose mit 61 dt/ha prognostiziert. Im Landesdurchschnitt konnten 64 dt/ha eingefahren werden. Damit liegt der Ertrag knapp 5 dt/ha über dem katastrophalen Ergebnis von 2018. In Jahren mit normaler Witterung können die Landwirte in Sachsen-Anhalt 80 dt/ha und mehr beim Winterweizen erzielen, abhängig vom jeweiligen Standort.
Wie auch bei Gerste und Roggen (Ø 39,6 dt/ha) wurden von den Landwirtinnen und Landwirten geringe Hektolitergewichte und hohe Schmachtkornanteile gemeldet. Schmachtkorn bezeichnet kümmerlich ausgebildetes Getreide und ist neben den anderen Qualitätsparametern ausschlaggebend für die Bestimmung des Preisniveaus. In Kombination mit der wechselhaften Marktlage entstehen dadurch starke Schwankungen bei den Preisen, die von den Betrieben erzielt werden können.
Von einem guten Geschäftsjahr werden die Landwirtinnen und Landwirte dennoch nicht sprechen, aufgrund der durchwachsenen Erträge und Qualitäten, der oftmals langfristigen Verträge mit Abnehmern sowie der stark gestiegenen Betriebsmittelkosten. Hinzukommt die große, politische Unsicherheit. „Für die landwirtschaftlichen Unternehmen sind die aktuell diskutierten Pläne auf EU-Ebene, die einen Produktivitätsverlust in zweistelliger Prozenthöhe bewirken sollen, nicht weniger existenzgefährdend als die Dürre. In vielen Bereichen, bei Düngung, Pflanzenschutz und Schutz des Eigentums, fehlt eine wirtschaftliche Perspektive“, erklärt Marcus Rothbart, Hauptgeschäftsführer des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt.
Die Dürre wirkt sich auf alle Kulturen aus, die angebaut werden. Von den Landwirtinnen und Landwirten in Sachsen-Anhalt wurden in diesem Jahr wesentlich mehr Sonnenblumen angebaut als noch im Vorjahr. Aber auch diesen vergleichsweisen resistenten Pflanzen setzt die Witterung stark zu. Die Ernte ist mancherorts so stark vertrocknet, dass die Erträge voraussichtlich nicht die Kosten decken werden.
Die Dürre hat auch weniger offensichtliche Auswirkungen auf die Ernte von Sachsen-Anhalts Bauern, unter anderem bei Erbsen und Ackerbohnen. Wenn Pflanzen sich nicht gleichmäßig und geschlossen entwickeln können, bilden sich Lücken in den Beständen. Diese werden von Unkräutern ausgenutzt, beispielsweise von Quecke. Zum einen entsteht damit ein Konkurrenzkampf um Wasser und Nährstoffe, zum anderen lassen sich die Bestände deutlich schlechter Ernten. Für den Landwirt bedeutet das höhere Kosten und ein höheres Risiko, dass das Erntegut ungewünschte Pflanzenbestandteile enthält.
An der dritten und abschließenden Erntemeldung des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt haben sich knapp 200 Landwirtinnen und Landwirte beteiligt. Die Erntebilanz des Deutschen Bauernverbandes finden Sie HIER.