Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 07/2021

Werte Mitglieder,
werte Landwirtinnen und Landwirte,

Sie haben mit dieser Ausgabe des Infohefts eine der letzten Ausgaben im bisherigen Layout in den Händen. Wir arbeiten daran, dieses für den Verband und für die Außenkommunikation wichtige Printprodukt aufzufrischen und attraktiver zu gestalten.

Und das ist schon das passende Stichwort: Nach den Landtagswahlen im Juni wird eine neue Landesregierung sich aller Voraussicht nach ein neues Layout und neue, hoffentlich attraktive, Inhalte geben. Bei Redaktionsschluss ist bisher nur klar, dass es kein „Kenia II“ geben wird. Die Varianten einer „Deutschland-Koalition“ und von „Jamaika“ liegen noch im Möglichen, möchte man etwas Spielraum haben und nicht auf knappste Mehrheitsentscheidungen im Parlament vertrauen müssen. Somit sind mehr Koalitionsmöglichkeiten gegeben als vor fünf Jahren, und das ist auch gut so für das Bundesland.

Dass die Landtagswahl so ausging wie sie ausging, das war nicht wirklich vorhersehbar. Am Ende waren viele Parteien erleichtert, dass die Brandmauer gegen die AfD gehalten hat. Nur seien wir doch mal realistisch: Wenn das einzige Wahlziel war, dass die AfD weniger Stimmen als 2016 bekommt und eigene Parteiinhalte kaum mehr wahrnehmbar waren, dann ist das zu wenig. Es bleiben immer noch mehr als 20 % für die AfD übrig und dann muss man schon fragen, warum das so ist. Eines ist in den letzten fünf Jahren den anderen Parteien nicht geglückt, nämlich sich sowohl mit den Ursachen dieses durch den Wähler so deutlich angenommenen Wahlangebots näher zu beschäftigen, bessere Angebote zu machen, als auch die AfD inhaltlich zu stellen.

Geht man in deren Programm näher hinein, dann wird weder eine explizite Politik für „den kleinen Mann“ angeboten noch sind im landwirtschaftlichen Bereich die Angebote stichhaltig und fundiert. Ein „Dexit“ wäre auch für die deutsche Landwirtschaft fatal. Spätestens aber nach dem Dresdner Parteitag vom Frühjahr 2021 und dem Umstand, dass Teile der AfD unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen, müsste bei den „vernünftigen“ Protestwählern der AfD zu einem Nachdenken führen. Protest hin oder her, aber das Angebot kann man nicht sinnvoll unterstützen und das ist zudem nicht koalitionsfähig.

Eines muss aber auch klar sein: Aussagen von führenden Politikern auf Landes- und Bundesebene, man wolle die AfD wieder aus Landtagen heraushaben, entbehren jeder vorhersehbaren Entwicklung und dem Wählerverhalten. Meine Einschätzung ist da sehr klar: Die AfD wird absehbar immer in Landtagen und dem Bundestag sein, es sei denn sie zerlegt sich inhaltlich, personell und strukturell selbst. Es geht nur darum, wie stark sie sein wird und deshalb muss man als Landtagspartei intensiv inhaltlich arbeiten und argumentieren, und wenn es auch anstrengend ist. Das sind wir unserer Demokratie schuldig.

Unserer Demokratie schuldig sind wir ebenso, dass wir zulassen, dass eine gelebte Diskussions- und Debattenkultur wieder besser in Gang kommt. Die immer wieder zu vernehmende Äußerung, es würde keine Meinungsfreiheit geben, ist unzutreffend. Jedoch was uns verloren geht, ist eine breitere Meinungs- und Positionsvielfalt und das Ringen um einen vernünftigen Weg für die überwiegende Mehrheit unserer Bevölkerung. Und diese persönlichen Wahrnehmungen, dass der vernünftige und machbare Weg verloren geht, ist in Teilen wahlentscheidend. Beispiel gefällig?
Alle wollen nun Klimaschutz, Wirtschaftslenker überbieten sich mit dem Angebot des Schaffens einer klimaneutralen Produktion. Ist das Anbiedern aus Angst das eigene Geschäftsmodell zu verlieren, medial von staatlich alimentierten NGOs zerrissen zu werden, oder ist das realistisch? Und was ist eigentlich klimaneutral? Wer definiert diese Klimaneutralität und wer bestimmt politisch die nötigen Maßnahmen, wenn das 1,5-Grad-Ziel nicht erreicht wird? Schalten wir dann unsere Wirtschaft in Europa ab? Ist Klimaschutz nur die Metapher, um die öko-soziale Transformation hin zu einem Nullwachstum zu schaffen und die individuelle Freiheit, zum Beispiel bei Essen, Wohnen, Mobilität und beim Reisen, einzuschränken? Über diese Punkte müssen wir viel offener debattieren, denn dort entstehen Befürchtungen vieler Mitmenschen. Es reicht nicht, von Seiten des Klimaschutzes die berechtigte Kritik der Wirtschaft und von Bürgern auszublenden und als Rückwärtsgewandtheit oder Klimawandelleugnung darzustellen.

Das ist politisches Sandkastenniveau, in das der medial genutzte Begriff der Klimakatastrophe wunderbar passt. Man stelle sich vor, wir hätten ein heißes und trockenes Frühjahr in unserem Bundesland gehabt, dann hätten die GRÜNEN mit Sicherheit mehr Prozente bei der Landtagswahl geholt. Vor der Bundestagswahl liegt noch der Sommer. Wird es ein feuchter und kühler Sommer, dann nutzt er nicht deren Wahlergebnissen, ganz unabhängig von modifizierten Lebensläufen der Kanzlerkandidatin.

Man muss für die Sachen werben, die Menschen motivieren, mitnehmen und belohnen, dann kann es was werden. Daher ist der europäische Green Deal auch verkehrt konzipiert. Verzicht und Bestrafung, Einschränkung von Eigentum, willkürliche Verbote und Reduktionen sind Ausdruck von Debatten- und Argumentationsschwäche, sowie stark ausgeprägtem Misstrauen gepaart mit moralischer Abgehobenheit. Wenn wir heute schon absehen können, dass die Getreideproduktion in Europa deshalb sinken wird und wir zum Nettoimporteur werden, dann verlieren wir unsere Verantwortung gegenüber dem Rest der Welt und zeigen nur sehr deutlich, dass uns Fachwissen so gut wie egal ist. Um das zu ändern, gibt es Wahlen Die nächste steht im September im Bund an.

Ihr
Marcus Rothbart

Blick ins Heft: